Wenn Homosexuelle auf Ablehnung stoßen

Berlin – Abwertende Einstellungen gegenüber Schwulen und Lesben sind immer noch weit verbreitet. Gerade wenn das direkte Umfeld betroffen ist, hört einer aktuellen Umfrage zufolge die Toleranz bei vielen auf – etwa wenn das eigene Kind homosexuell wäre.

Mitglieder der LSBTI*- Gemeinde, also Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche, können bei Familie und Freunden also immer noch auf Unverständnis oder Ablehnung stoßen. Fünf wichtige Fragen und Antworten:

Was tun, wenn Angehörige negativ auf das Coming-out reagieren?

«Das Coming-out ist ein Biografiebruch – nicht nur für den, der sich outet, sondern auch für die Familie», sagt Stefanie Schmidt vom
Lesben- und Schwulenverband (LSVD). Auch die Eltern hätten häufig eine Vorstellung vom Leben des Kindes – die breche dann weg oder müsse angepasst werden. Schmidt gibt auch zu bedenken, dass sich die Person, die sich outet, meist schon lange mit ihrer sexuellen Orientierung beschäftigt hat. «Das ist ein Wissensvorsprung.» Eltern müssen sich hingegen innerhalb kürzester Zeit während des Gesprächs dazu positionieren. «Das muss erstmal sacken», sagt Schmidt. Sinnvoll sei es daher, nach einigen Stunden oder Tagen erneut in aller Ruhe das Gespräch zu suchen.

Wo finden Betroffene Hilfe, wenn sie das Problem nicht lösen können?

Bleibt es bei einer negativen Grundeinstellung oder gar Ablehnung der Familie, müsse da niemand alleine durch, erklärt Schmidt. In jeder größeren Stadt gibt es Beratungsstellen. Auch im Netz können Betroffene sich informieren und nach Ansprechpartnern vor Ort suchen.

Wie sollte man sich bei Diskriminierung im Freundeskreis verhalten?

«Ich muss immer individuell für mich prüfen, wie viel unangenehme Erfahrungen und Diskriminierung ich in meinem unmittelbaren Umfeld erleben möchte», sagt Diplom-Psychologe Dominic Frohn aus Köln, der zur Thematik forscht. Ratsam ist es zu überprüfen, ob der Freund einfach nur mehr Informationen benötigt – dann können etwa intensivere Gespräche zum Thema helfen. Frohn erklärt außerdem, dass viele Menschen ihre Stereotype von einer Gruppe überarbeiten, sobald sie jemanden kennen, der zu dieser Gruppe gehört. «Diese Person ist dann möglicherweise ganz anders als das Klischee, das man zuvor im Kopf hatte.» Im Zweifel sollte aber niemand Zeit mit einem Menschen verbringen müssen, der ihn diskriminiert – auch nicht einer alten Freundschaft willen.

Was, wenn man selbst nicht zu
LSBTI*-Gemeinde
gehört, aber negative Einstellungen dazu in Familie oder Freundeskreis wahrnimmt?

Jeder müsse natürlich für sich selbst entscheiden, ob er für seinen Standpunkt einstehen möchte, sagt Schmidt vom LSVD. «In einer offenen Gesellschaft gehört es aber dazu, dass man andere Einstellungen hat – und andere damit auch konfrontiert.»

Wie kann man dann vorgehen?

Hier kann es Diplom-Psychologe Frohn zufolge helfen, die Person zu einem Perspektivenwechsel zu motivieren, etwa so: «Kannst du beeinflussen, in wen du dich verliebst?» Möglicherweise gehört die Person auch selbst zu einer Gruppe, die unter Diskriminierung leidet – zum Beispiel aufgrund einer Migrationsgeschichte, des Geschlechts, des Alters oder einer Behinderung. Dann könne man fragen: «Hast du selbst schon einmal Erfahrung mit Diskriminierung gemacht – und wie hast du dich dabei gefühlt?» Das Gemeinsame im vermeintlich Fremden zu entdecken, sei oft sehr heilsam.


(dpa/tmn)

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