Mahner mit Format: Keeper Trapp verkörpert Eintracht-Klasse

Frankfurt/Main – Einer der schärfsten Kritiker befindet sich bei Eintracht Frankfurt in den eigenen Reihen. Torhüter Kevin Trapp ist nicht nur mit seinen starken Leistungen zu einem Erfolgsgaranten geworden, sondern auch mit stets mahnenden Worten und der konkreten Benennung von Missständen.

Unmittelbar vor dem Europa-League-Halbfinale gegen den Fußball-Spitzenklub FC Chelsea geißelte Trapp das derzeit kraftlose Eintracht-Team als «träge und lethargisch», mit finsterer Miene warnte er davor, «uns alles nehmen zu lassen, was wir uns in acht, neun Monaten aufgebaut haben».

Der 28 Jahre alte WM-Teilnehmer sprach mit großem Ernst und betretener Stimme. Ganz so, als ob es für die Hessen in den nächsten Wochen um das sportliche Überleben und die Existenz ginge. Doch das Gegenteil ist der Fall: Mit famosen Monaten hat sich die Eintracht in eine bessere Position gebracht, als das jemals angenommen werden konnte. Gegen Chelsea wartet am Donnerstag (21.00 Uhr/RTL und DAZN) das größte Europapokal-Spiel seit 39 Jahren, in der Bundesliga steht drei Spieltage vor Schluss der vierte Platz, der direkt zum erstmaligen Einzug in die Champions League führen würde.

«Wir wollen uns den Platz nicht mehr wegnehmen lassen. Wir werden alles geben, dass wir den Platz behalten. Es geht darum, ob wir eine gute oder eine sensationelle Saison gespielt haben», sagte Trapp. Ein weiteres Jahr Europa League? Darauf kann der in höchstem Maße ehrgeizige Saarländer verzichten. Dabei steht noch nicht mal fest, ob Trapp im kommenden Jahr erneut das Eintracht-Trikot trägt, er wurde schließlich nur für ein Jahr vom französischen Spitzenverein Paris Saint-Germain ausgeliehen.

Für Verein und Spieler ist die Saison und die Leihe eine absolute Win-Win-Situation. Die Eintracht sicherte sich nach körperlichen Problemen beim eigentlich als Stammkeeper eingeplanten Frederik Rönnow im Sommer personell ab und erhielt zu guten Konditionen einen Führungsspieler mit Erfahrung und Top-Qualität. Trapp darf nach einer schweren Zeit bei PSG nun wieder spielen und verbissen den allerhöchsten Ansprüchen nachjagen. Für Sportdirektor Bruno Hübner zeigt die Verpflichtung «die Wertigkeit unseres Klubs», Trainer Adi Hütter nannte Trapp gar «eine Ikone».

Dessen Streben nach Erfolg und seine Selbstverständlichkeit färben auf die Mannschaft ab. Nach dem 2:4-Hinspiel bei Benfica Lissabon hielt er das Team erst im Spiel, baute seine Kollegen später auf und trieb sie Richtung Rückspiel. In selten gewordenen Trostlos-Spielen wie gegen Hertha BSC (0:0) am vergangenen Wochenende ist der Schlussmann oft sportlich die zentrale Figur. «Mir hat er sehr gut gefallen. Er hat in den entscheidenden Situationen uns im Spiel gehalten, dass wir heute zu null gespielt haben», sagte der Österreicher Hütter.

Die Geschichte von der Rückkehr nach Frankfurt, wo er von 2012 bis 2015 schon einmal spielte, könnte im ersten Jahr zu einem Märchen werden. Der Eintracht winkt nach 1980 der zweite große internationale Titel, die letzten Hürden nach einer Wahnsinns-Saison mit Siegen über Inter Mailand und Benfica Lissabon sind Chelsea sowie das Finale in Baku am 29. Mai. Große Zweifel hat Trapp nicht, der Außenseiterrolle zum Trotz. «Wir haben die Mentalität in der Mannschaft, deswegen bin ich da positiv», sagte er.


(dpa)

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