Gold-Double: Bobpilot Friedrich zu Tränen gerührt

Pyeongchang – Nach seinem grandiosen Gold-Double wurde Francesco Friedrich von seinen Gefühlen übermannt.

«Wir haben vier Jahre drauf hingearbeitet, gerade auch die Jungs, die mir immer den Rücken frei halten, das ist das Beste was passieren konnte», sagte der Doppel-Olympiasieger im Bob. Nach seinen Triumphen im Zweier- und nun im Viererbob dachte der Sachse mit tränenerstickter Stimme auch an seine Liebsten daheim: «Meine Familie, meine Frau, die meinen kleinen Sohn Karl hüten musste, das ist für alle die größte Belohnung.»

Cooler war Friedrich im schwierigen Eiskanal des Olympic Sliding Centres mit seiner Crew Candy Bauer, Martin Grothkopp und Thorsten Margis unterwegs. Nach vier Läufen hatte der 27-jährige Pilot aus Oberbärenburg beinahe schon unglaubliche 0,53 Sekunden Vorsprung vor Vereinskollege Nico Walther und dem zeitgleichen südkoreanischen Fahnenträger Won Yunjong herausgefahren. «Der Wallner-Bob und ich war mit den drei Jungs hinten drin eine kleine Einheit, es hat hundertprozentig gepasst. Ich habe mit minimalen Lenkbewegungen immer die Linie treffen können», sagte Friedrich nach dem ersten Doppel-Erfolg im Viererbob seit 34 Jahren.

«Wahnsinn, dass Franz so krass und konstant fahren kann», sagte Anschieber Grothkopp, der bei der Siegerehrung den Tränen freien Lauf ließ. Zweierbob-Olympiasieger Thorsten Margis verriet: «In der Überfahrt zur Kurve zwölf waren wir schon am Jubeln, weil es voll geil war, in der 13 und 14 hat es uns kurz ausgehoben, da dachte ich, was macht er denn? Aber das Ding war durch», sagte Margis, der die letzten Meter im Zielauslauf schon stehend im Bob mit weit ausgestreckten Armen fuhr und seine Freude heraus schrie.

Auch der so ehrgeizige Heimtrainer Gerd Leopold war überzeugt von der Performance seines «Jahrhunderttalents»: «Ich habe ihn so stark erwartet, dass es natürlich so aufgeht, ist Wahnsinn», sagte er und attestierte: «Er lebte nicht nur vom starken Start, sondern überzeugte in der Bahn.»

Das war auch für Walther der Schlüssel zu Silber. Im letzten Durchgang schaffte er mit seiner routinierten Crew im FES-Bob um Kevin Kuske, Alexander Rödiger und Eric Franke mit 4,88 Sekunden seine beste Startzeit. «Die Jungs haben es fantastisch gemacht, Kevin hat vor seinem Ruhestand noch mal all seine Körner aus seinen müden Knochen herausgeholt», lobte er den 39-jährigen Kuske. Mit Silber und nun sechs Medaillen bei fünf Winterspielen wurde der viermalige Olympiasieger zum erfolgreichsten Bobsportler der Welt.

Letztmals hatten 1984 in Sarajevo Wolfgang Hoppe und Bernhard Lehmann für die damalige DDR einen Doppel-Erfolg im Viererbob geschafft. Friedrich ist erst der siebte Bobpilot, der in der 94-jährige Bob-Historie das goldene Double perfekt machte. In Andreas Ostler (1952), Meinhard Nehmer (1976), Wolfgang Hoppe (1984) und Andre Lange (2006) schafften das bislang nur vier Deutsche. «Willkommen im Club, damit ist Franz in der Gilde der Großen angekommen», sagte der viermalige Olympiasieger Lange der Deutschen Presse-Agentur.

Mit dem goldenen Abschluss in der Königsklasse und Silber durch Walther haben die Bobpiloten um Cheftrainer René Spies die Schmach von Sotschi mehr als vergessen lassen. «Dass wir mit einem Doppelsieg hier rausgehen, das ist für alle einfach fantastisch», sagte Spies, der bei seinem olympischen Cheftrainer-Debüt alle Olympiasiege holte: «Hätte ich vor zwei Jahren beim Neuanfang mit den Frauen gesagt, wir fahren nach Pyeongchang und unser Ziel sind drei Goldmedaillen, dann hätten sie mich innerhalb einer Woche entlassen und mich für verrückt erklärt. Aber so ist das manchmal im Sport», sagte der Coach.

An Peking 2022 wollte der Goldschmied aus Winterberg noch nicht denken. «Im Moment bin ich so leer, was die Zukunft angeht, weil wir jetzt gerade einen großen Erfolg erzielt haben, aber mir ist klar, wir müssen ganz, ganz hart arbeiten, um das in vier Jahren zu wiederholen», sagte der 44-Jährige. Im April 2016 hatte er die Nachfolge des in Sotschi gescheiterten Christoph Langen angetreten.

Bitter war das Rennen für Weltmeister und Weltcupgesamtsieger Johannes Lochner, der mit vier Weltcupsiegen nach Pyeongchang reiste. Mit dem baugleichen Wallner-Schlitten wie Friedrich wurde er nur Achter. «Wir werden den Schlitten komplett auseinanderlegen, mal sehen, vielleicht finden wir den Fehler», sagte er. Und Kurve zwei war sein Problem: «Es ist die einzige Kurve der Welt, die ich nicht auf die Reihe kriege.»


(dpa)

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