EU-Kommission boykottiert Fußball-Europameisterschaft

Es ist ein deutliches Zeichen der EU und ein schwerer Schlag für die Ukraine: Wegen der Haftbedingungen der ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko haben sich sämtliche 27 Mitglieder der EU-Kommission dazu entschieden, den Spielen der Fußball-EM fernzubleiben.Die Entscheidung der EU-Kommission teilte ein Sprecher am Donnerstag in Brüssel mit. Es handele sich „nicht um einen Boykott, sondern um ein Signal, dass man nicht zufrieden ist mit der Art und Weise, wie mit Julia Timoschenko umgegangen wird“.

Der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso erklärte im Kreis der Kommissare, weshalb er den Spielen fernbleiben werde. In seiner Ansprache sei „deutlich geworden, dass dies eine Position ist, die alle angesichts der Behandlung von Frau Timoschenko teilen“. Innerhalb der Kommission wurde die einstimmige Position vertreten, „dass es nicht angemessen ist, sich ein Spiel in der Ukraine anzuschauen, solange diese Bedenken bestehen“.

Weitere Absagen für Treffen in der Ukraine

Derweil haben weitere EU-Staatspräsidenten angekündigt, nicht zum Treffen in der Ukraine zu reisen, das für Mitte Mai geplant ist. Das Co-Gastgeberland Polen ist weiterhin uneins, wie es mit der Situation umzugehen hat. Während die Opposition einen Boykott fordert, hält die Regierung diese Forderung für falsch.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie der russische Präsident Wladimir Putin bekräftigten ihr Angebot, der inhaftierten Timoschenko in ihren Ländern ärztliche Behandlung zukommen zu lassen. Die 51-jährige ehemalige Regierungschefin leidet unter anderem an einem Bandscheibenvorfall und forderte ihre Tochter Jewgenija dazu auf, den Druck auf den ukrainischen Präsident Viktor Janukowitsch weiter aufrechtzuerhalten.

Boykott Merkels noch ungewiss

Merkel legte sich noch nicht fest, ob sie zur sportlichen Großveranstaltung in der Ukraine reisen wird. „So etwas entscheide ich immer kurzfristig“, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Innerhalb der Bundesregierung gilt es jedoch als unvorstellbar, dass die Kanzlerin neben Janukowitsch Platz nimmt, bis sich die Haftbedingungen für Timoschenko nicht gebessert haben. Merkel betonte, es müsse alles dafür unternommen werden, Timoschenko umgehend ärztliche Betreuung zur Seite zu stellen. Die Außerachtlassung der Menschenrechte in der Ukraine gebe ihr Grund zur Sorge.

Inzwischen erklärte auch Putin, dass sein Land die erkrankte Oppositionsführerin „gerne“ behandeln würde, insofern sie dies selbst wünsche und Kiew zustimmte. Erneut kritisierte der russische Präsident Timoschenkos die Haftstrafe von sieben Jahren. Sie wurde wegen eines angeblich fehlerhaften Gasvertrages mit Moskau verurteilt. Das Abkommen sei jedoch rechtens zustande gekommen, erklärte Putin. Unverständnis äußerte der Kreml-Chef angesichts des angekündigten Boykotts mehrerer westlicher Politiker.

Ukraine verurteilt Boykottdrohungen

Die Ukraine kritisierte die Boykottaufrufe scharf. „Das Außenministerium hält die Versuche einer Politisierung von Sportereignissen für destruktiv“, hieß es vom Ministerium in Kiew. Auch der Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA, Joseph Blatter, sprach sich gegen ein Fernbleiben aus. „Die Politiker sollten sich jetzt beziehen auf die Werte des Sports. Und bevor sie von Boykott sprechen, sollte man sich überlegen, was das nach sich zieht.“

„Sie ist nach zwei Wochen Hungerstreik sehr schwach, sagt aber, dass sie den Kampf nicht abbrechen will“, sagte Timoschenkos Tochter. „Die Situation ist nicht auszuhalten. Weder die Politiker in Europa noch die Menschen in der Ukraine haben erwartet, dass die Lage sich bei uns so entwickelt, dass wir bald in einem totalitären Land leben.“

Hungerstreik wird fortgesetzt

Jewgenija Timoschenko sagte, ihre Mutter setze ihren am 20. April begonnenen Hungerstreik trotz zunehmender Schwächung fort. „Sie ist nach zwei Wochen Hungerstreik sehr schwach, sagt aber, dass sie den Kampf nicht abbrechen will.“ Der Deutschen Welle sagte die Tochter: „Die Situation ist nicht auszuhalten. Weder die Politiker in Europa noch die Menschen in der Ukraine haben erwartet, dass die Lage sich bei uns so entwickelt, dass wir bald in einem totalitären Land leben.“