Der VfL Wolfsburg und der große Unbekannte

Wolfsburg – Für seine rasante Entwicklung vom Fast-Absteiger zum Europacup-Rückkehrer hätte sich der VfL Wolfsburg eigentlich eine andere Belohnung gewünscht. Manchester United zum Beispiel. Oder den AS Rom.

So aber beginnt die neue Europa-League-Saison für den Fußball-Bundesligisten am Donnerstagabend (21.00 Uhr/DAZN) mit einem Heimspiel gegen den ukrainischen Außenseiter PFK Oleksandrija. «Wir haben ein Jahr dafür gearbeitet, endlich wieder im Europapokal spielen zu dürfen. Jeder von uns freut sich darauf – egal wie der Gegner heißt», sagte VfL-Stürmer Admir Mehmedi am Tag vor dem Spiel.

Trotzdem rechnet selbst der Volkswagen-Club zu dieser familien- wie spätschichtler-unfreundlichen Zeit nur mit rund 10.000 Zuschauern und einer bestenfalls halbleeren Arena. Am Mittwoch startete der VfL deshalb noch ein paar launige Aufrufe in den sozialen Medien und twitterte unter anderem den Hinweis: «Auch wenn das Stadion morgen nicht voll sein wird, ihr habt die Chance dazu: Im Gegensatz zum letzten internationalen Auftritt der Wölfe, darf wieder alkoholisches Bier ausgeschenkt werden. Prost!»

Nach Lage der Dinge wird aber selbst das nicht helfen. Denn während Gegner wie Karabach Agdam (Aserbaidschan) oder BATE Borissow (Weißrussland) mittlerweile schon häufiger in Deutschland antraten, ist der Gast aus dem rund 330 Kilometer südöstlich von Kiew gelegenen Oleksandrija wirklich ein großer Unbekannter.

Erst 2015 stieg dieser fast ausschließlich mit ukrainischen Spielern auflaufende Club wieder in die Erste Liga seines Landes auf. Dass er dort in der vergangenen Saison Dritter wurde und aktuell sogar vier Tabellenplätze vor dem früheren Europapokal-Sieger Dynamo Kiew steht, wird dem VfL zwar keinen einzigen Zuschauer mehr ins Stadion treiben. Es sollte den Wolfsburgern aber sportlich eine Warnung sein.

«Wir haben uns mehrere Spiele von Oleksandrija angesehen. Das ist eine Mannschaft, die sehr gut organisiert und sehr aggressiv ist», sagte VfL-Trainer Oliver Glasner. «Wir haben einen sehr großen Respekt vor diesem Gegner.»

Als der VfL zuletzt in einem internationalen Wettbewerb vertreten war, verabschiedete er sich auf der ganz großen Bühne: April 2016, im Champions-League-Viertelfinale bei Real Madrid. Das war eine Zeit, in der die Niedersachsen den DFB-Pokal und dazu noch amtierende Weltmeister wie André Schürrle und Julian Draxler holten. Dass es danach schon 2017 und 2018 in der Relegation gegen den Abstieg ging, hat den Club mittlerweile demütig und kostenbewusst werden lassen. Die neuen Stars heißen Wout Weghorst oder Jerome Roussillon und haben in ihrer Karriere mutmaßlich noch mehr vor als hinter sich.

«Wir sind nicht so vermessen, zu sagen: Es muss immer die Champions League sein», sagte der VW-Finanzvorstand und VfL-Aufsichtsrats-Chef Frank Witter der «Wolfsburger Allgemeinen Zeitung». «Dass wir nach zwei sehr, sehr schweren Spielzeiten jetzt in der Europa League spielen dürfen, ist eine tolle Weiterentwicklung, die über Plan liegt. Ich glaube, die Mannschaft empfindet es als Privileg, dass wir uns für die Europa League qualifiziert haben.»

Und das geringe Interesse? Trainer Glasner sieht es als Verpflichtung, «dass wir die Zuschauer mitnehmen und begeistern. Wir wollen sehen, dass wir ihnen in dieser Europa-League-Saison noch mehr als drei Heimspiele bieten.» Das würde bedeuten, dass der VfL seine Vorrunden-Gruppe mit Oleksandrija, Saint-Etienne und Gent übersteht. Vielleicht klappt es dann ja in der K.o.-Runde mit Manchester United.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

VfL Wolfsburg: Pervan – Knoche, Guilavogui, Tisserand – William, Arnold, Gerhardt, Roussillon – Joao Victor, Brekalo – Weghorst

PFK Oleksandrija: Pankow – Lutschkjewitsch, Dubra, Buchal, Miroschnischenko – Banada, Saporoschan, Gretschyschkin – Schastal, Sitalo, Kowalez.

Schiedsrichter: Halis Özkahya (Türkei)


(dpa)

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