Zverev und Co. beginnen neues Davis-Cup-Kapitel

Frankfurt/Main – Alexander Zverev hält die Reform im Davis Cup für einen Fehler. Deutschlands bester Tennisprofi wünscht sich den alten Modus zurück. Er hofft, dass in ein oder zwei Jahren alles zurückgenommen wird.

«Ich mag das neues System gar nicht», klagte die Nummer drei der Welt. Der Davis Cup habe an Wert verloren. Für diesen Freitag und Samstag kennt der 21-Jährige dennoch nur ein Ziel: Mit seinen Teamkollegen will Zverev in Frankfurt am Main gegen den krassen Außenseiter Ungarn gewinnen und in die neue Finalrunde einziehen. «Ich liebe es, hier mit den Jungs zu sein, sich zusammen die ganze Woche vorzubereiten, und zusammen in Deutschland gegen ein anderes Land zu spielen», sagte er: «Ich liebe es wirklich.»

Diese Auftritte vor heimischem Publikum könnten nun aber eine Rarität werden. Der neue Modus sieht Heim- und Auswärtspartien, die im Davis Cup oft für eine im Tennis ungewohnt emotionale Atmosphäre sorgen, nur noch für die erste Qualifikationsrunde vor. Auch deswegen hatte der Deutsche Tennis Bund (DTB) im vergangenen August bei der Generalversammlung des Tennis-Weltverbands gegen die Reform gestimmt.

Boris Becker war entsetzt, als das Votum dafür ausfiel. Inzwischen will der zweimalige Davis-Cup-Sieger das neue Format nicht vorschnell verurteilen, ihm eine Chance geben: «Jetzt müssen wir alle mal die Suppe auslöffeln und mal schauen, was passiert. Vielleicht ist es ja gut, vielleicht sitzen alle hier in einem Jahr und sagen: Wow», sagte der Herren-Chef im deutschen Tennis: «Vielleicht aber auch nicht.»

Dass sich etwas ändern müsste, war lange diskutiert worden. Der Nationen-Wettbewerb war nicht mehr attraktiv genug. Zu viele Topstars sagten ab, weil ihnen die Terminhatz ohnehin Probleme bereitet. Nun aber lautet die Frage: Musste es eine solche Revolution sein?

Mit Spielen an drei Tagen, über drei Gewinnsätze, mit Heim- und Auswärtsteam im Achtel-, Viertel-, Halbfinale und Endspiel – auf diese Art und Weise hat der Davis Cup dem Tennis faszinierende Momente beschert. Zverev und Co. reichen nun in jeder Partie zwei gewonnene Sätze zum Sieg. Freitag stehen zwei Einzel an. Samstag folgt das Doppel und bis zu zwei weitere Einzel. Der Sonntag fällt als Spieltag weg, die Profis können zum nächsten Turnier reisen. Das sind Vorteile, findet der DTB. Es entlastet die Spieler, auch Zverev.

«Ich glaube, dass Sascha in der Lage ist, auf Jahre ein wichtiger Davis-Cup-Spieler zu sein», sagte Becker. Dagegen spricht die Umstellung auf eine Finalwoche, die radikale Komponente der Reform. Und der Termin, der vielen Profis nicht passt. 18 Teams spielen Ende November in Madrid in der Endrunde, die mit viel Tamtam und von der Investorengruppe Kosmos um Fußballstar Gerard Piqué ausgetragen wird, in sechs Dreiergruppen und dann im K.o.-Modus den Champion aus. Zwei Einzel und ein Doppel entscheiden jeweils über den Gesamtsieg.

Zverev hat mehrfach gesagt, dass er für die Finalwoche nicht zur Verfügung steht, weil er dann im Urlaub ist. Die möglicherweise einseitige Angelegenheit gegen die Ungarn dürfte damit Zverevs letzter Davis-Cup-Einsatz 2019 bleiben. Auch der Schweizer Topstar Roger Federer kündigte bereits an, in Madrid nicht zu spielen.

Der frühere Teamkapitän Niki Pilic befürchtete, dass der Davis Cup zur Show verkommt und fragte: «Wen interessiert es denn in Madrid, wenn beispielsweise Kanada gegen Südkorea spielt? Wo soll da die Davis-Cup-Atmosphäre herkommen?» Die Tatsache, dass Heim- und Auswärtsspiele weitgehend wegfallen, kommentierte der dreimalige Davis-Cup-Sieger Carl-Uwe Steeb: «Man hat dem Davis Cup eigentlich das Herz herausgerissen.»

So bleibt fraglich, ob das Prestigeprojekt des umstrittenen Weltverbandspräsidenten David Haggerty – wie von ihm werbewirksam angekündigt – die Zukunft des Davis Cups absichert. Es geht auch um Geld, Interessen und Macht. Ein Hauptgrund für die Reform ist wohl das finanziell lukrative Angebot der Investmentgruppe Kosmos, hinter der auch der spanische Fußballstar Piqué steht. Kosmos garantierte drei Milliarden Dollar für einen Deal über 25 Jahre.


(dpa)

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