Wollen Millennials noch Pauschalreisen?

Bottighofen – «Am Strand liegen kann ich, wenn ich alt bin.» – «Massenabfertigung!» – «In diesen Bunkern liegt man dann wie die Sardinen am Pool nebeneinander.» Solche Sätze bekam Holidaycheck zu hören, als es junge Leute zum Ruf der Pauschalreise befragte.

Das Portal wollte in Interviews herausfinden, ob die Generation der Millennials überhaupt noch für Pauschalurlaub zu gewinnen ist. Das Ergebnis: Die Pauschalreise wird von vielen Befragten gleichgesetzt mit All-inclusive, wenig Selbstbestimmtheit und mangelnder Privatsphäre. Sicherheit sei vielen jungen Urlaubern zwar ebenfalls wichtig, sie biete aber nicht genug Mehrwert, um einen Veranstalterurlaub zu buchen. Fazit der Interviews: Millennials suchen gar nicht erst nach Pauschalreisen – eine schlechte Nachricht für Veranstalter.

FUR-Reiseanalyse

Es gibt jedoch Zahlen, die gegen die These sprechen, dass junge Leute dem Pauschalurlaub gegenüber abgeneigt sind. Nach Ergebnissen der FUR-Reiseanalyse liegt der Anteil von Pauschal- und Bausteinreisen bei den 14- bis 29-Jährigen bei 46 Prozent. Zwischen 30 und 69 Jahren sind es dagegen nur 42 Prozent, es gibt hier also eher eine Delle im Mittelbau. In der Altersgruppe ab 70 sind es wieder 46 Prozent.

Die Erklärung von Studienleiter Prof. Martin Lohmann: Junge Leute machen gerne Urlaub am Mittelmeer. «Und wer zum Beispiel günstig nach Griechenland will, landet beim Veranstalter.» Der Erwachsene in den Dreißigern mit Kind fährt dagegen eher an die deutsche See oder in den Bayerischen Wald. Dafür braucht es kein Pauschalpaket. «Grundsätzlich gibt es bei den Jüngeren keine Abneigung gegen die Pauschalreise», lautet das Fazit des Tourismusforschers.

Tatsächlich wird das Publikum bei den großen Veranstaltern nach Angaben der Unternehmen tendenziell jünger, wie die Fachzeitschrift «touristik aktuell» kürzlich berichtete. Doch das sind relative Verschiebungen innerhalb der Kundschaft. Was ist mit Millennials, die gar nicht über die Buchung einer Pauschalreise nachdenken?

Der Begriff muss weg

Befragungen wie die von Holidaycheck sprechen eine deutliche Sprache: Die Pauschalreise hat ein Imageproblem. Der Begriff müsse weg, sagt zum Beispiel Stefanie Berk, Vorsitzende der Geschäftsführung Thomas Cook GmbH. «Das klingt nach Mottenkiste.» Das Wort werde dem Produkt nicht gerecht, weil die Pauschalreise mittlerweile sehr flexibel sei – eben alles andere als pauschal. Was stattdessen sagen? Packaged Holidays? «Der ideale Begriff ist noch nicht gefunden», gibt Berk zu.

Es brauche vor allem eine andere Ansprache als früher, sagt Berk. Die Veranstalter setzen daher vermehrt auf Social Media und Influencer, auf eine Ästhetik, die wenig mit bunten Werbefotos von Hotelpools aus Reisekatalogen früherer Tage zu tun hat. Interaktion mit der Marke auf den digitalen Kanälen sei wichtig, so Berk. Likes und Shares: Die Kunden werben selbst für ein Hotel, durch Instagram-Bilder zum Beispiel. «Man braucht kein klassisches Fotoshooting mehr.»

Strategie von Thomas Cook

Die richtige Werbung ist das eine, das Produkt das andere. Thomas Cook möchte mit seiner neuen Hotelmarke Cook’s Club gerade auch junge Urlauber ansprechen. Das Konzept: kein All-inclusive, keine isolierte Lage, authentische Restaurants und Bars in der Nähe. Doch solche Leuchtturm-Hotels sind nicht stellvertretend für die Masse des Angebots, das ein großer Reiseveranstalter bietet.

Das Hotel sei wichtiger als das Reiseziel, behauptet Thomas Cook. Die
Studie von Holidaycheck legt das Gegenteil nahe: Millennials nutzen die Unterkunft, um vor Ort auf Erkundungen zu gehen. Sie buchen die Reisebausteine einzeln – den Flug direkt bei der Airline und das Zimmer über Booking oder Airbnb – und wollen Flexibilität. Sie möchten mobil sein, keine festen Essenszeiten, keinen Buffet-Zwang, am liebsten nur Frühstück, weniger inkludierte Leistungen und mehr Optionen vor Ort. Nichts tun müssen, nur weil man dafür schon bezahlt hat.

Relevant bleiben

Millennials wollen also offenbar maximale Individualität im Urlaub. Das Meinungsforschungsinstitut Yougov nennt sie «Digitalreisende», die alle Möglichkeiten der Reisebuchung haben und nutzen. Ein großer Veranstalter dagegen bewegt sich immer noch in einem Massengeschäft mit einem standardisierten Produkt – das passt nur bedingt zusammen.

Nach Ansicht von Tourismusforscher Prof. Lohmann haben sich die Veranstalter aber ins Zeug gelegt und die Pauschalreise schon soweit individualisiert, dass sie oft kaum noch «zu fühlen» sei. «Relevant bleiben ist eine große Aufgabe für die Veranstalter und bleibt es auch», sagt Lohmann. «Bislang haben die das ganz gut hinbekommen.»


(dpa/tmn)

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