Wawrinka bei French Open «im zweiten Leben» gegen Federer

Paris – Er musste wegen eines Knorpelschadens im Knie operiert werden, stürzte bis auf Platz 263 der Tennis-Weltrangliste zurück, kämpfte gegen Schmerzen und Rücktrittsgedanken an – und ist plötzlich zurück auf der schillernden Grand-Slam-Bühne.

Das Comeback von Stan Wawrinka nötigt auch seinem Landsmann Roger Federer Respekt ab. «Ich freue mich für ihn, dass er zurück ist. Ich glaube, dass er glücklich ist, eine Art zweites Leben auf der Tour bekommen zu haben», sagte Federer. «Ich hoffe aber, dass er nicht auf dem Level von 2015 ist.»

Damals fegte Wawrinka im Viertelfinale auf dem Ascheplatz in Paris über Federer hinweg und krönte sich wenige Tage später zum Turniersieger. «Stan hat super gespielt in seinen schrecklichen Shorts», erinnerte sich Federer am Sonntag unter dem Gelächter der Zuschauer in Anspielung auf die karierte kurze Hose, die Wawrinka damals trug und die heute im Roland-Garros-Museum zu sehen ist.

Vier Jahre danach kommt es nun am 4. Juni bei den French Open erneut zu einem Viertelfinal-Duell der Ü-30-Eidgenossen. 25 Mal standen sich der 37 Jahre alte Federer und der 34 Jahre alte Wawrinka gegenüber, die Bilanz fällt mit 3:22 aus Sicht Wawrinkas verheerend aus.

Dass es in diesem Jahr in Roland Garros zu einem weiteren Aufeinandertreffen kommt, darf durchaus als Überraschung bezeichnet werden. Federer wusste selbst nicht, wie er sein Leistungsvermögen auf Sand einschätzen sollte. Schließlich hat der Sieger von 20 Grand-Slam-Turnieren seit 2015 nicht in Paris gespielt.

Wawrinka hatte nicht nur eine diffizile Auslosung mit dem München-Sieger Cristian Garin, dem Bulgaren Grigor Dimitrow und natürlich dem griechischen Supertalent Stefanos Tsitsipas, den er im bislang längsten, spektakulärsten und hochklassigsten Match des Turniers bezwang. Auch die jüngsten Ergebnisse und das schwierige vergangene Jahr ließen Wawrinka nicht mit allzu großen Erwartungen anreisen. Im Sommer 2017 musste er zweimal operiert werden, er kämpfte sich zurück, schaffte es 2018 aber bei keinem der vier großen Turniere weiter als in Runde drei. In diesem Jahr verlor er schon gegen Spieler wie Marius Copil oder Filip Krajinovic.

«Stan Wawrinka gelingt in Roland Garros eine Renaissance», schrieb die «Neue Zürcher Zeitung» nach dem Sieg gegen den Weltranglisten-Sechsten Tsitsipas. «Für solche Momente in solcher Atmosphäre bin ich zurückgekommen», sagte Wawrinka. «Die letzten zwei Jahre waren hart, aber jetzt bin ich sehr glücklich, wie es bislang im Turnier läuft. Ich erinnere mich gerne an 2015 und bin bereit für die Herausforderung.» Nur das mit dem zweiten Leben wollte er so nicht unterschreiben. «Ich bin 34 Jahre alt. Es ist noch mein erstes Leben. Ich bin zufrieden damit», sagte Wawrinka schmunzelnd.


(dpa)

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