Warum ein Bremer alte Borgwards wieder aufpäppelt

Bremen – «Kernschrott» ist so ein Begriff, der nur wenig Platz für Hoffnung lässt. «Eigentlich unrettbar verloren», erklärt Carsten Pätzold den Zustand, in dem er schon einige Oldtimer gekauft hat: verrostet, verbogen, verrottet.

Doch Pätzold ist gelernter Karrosserie- und Fahrzeugbauer, und er liebt alte Autos. «Ich habe Benzin im Blut», sagt er. Schritt für Schritt baut der 51-Jährige die alten Blechgefährten wieder auf, bis sie im neuen Glanz und Chrom erstrahlen. Zwei sind ihm besonders ans Herz gewachsen: «Hänschen», ein rot-weißer Goliath Hansa 1100 Luxus, und «Opa», ein mittelblau-metallic-farbenes Mercedes-Benz-Coupé der Modellreihe «Strich Acht». Goliath war eine Marke, die in den 50er Jahren zum Borgward-Konzern gehörte.

Der Name des Automobilherstellers Carl F.W. Borgward ist im Guten und im Schlechten aufs Engste mit Bremen verbunden. Auf- und Abstieg des 1961 pleite gegangenen Konzerns zeigte Anfang Januar der Fernsehfilm «Die Affäre Borgward». Seine Faszination zu den Autos mit den geschwungenen Kurven und der Raute am Kühlergrill entdeckte Pätzold durch seinen Großvater, der in Bremen mehrere Kinos betrieb. Zu Premierenfeiern im noblen Parkhotel kamen stets auch Schauspieler. «Mein Opa lieh sich zu diesen Anlässen bei Borgward Limousinen, um die Schauspieler vom Bahnhof oder Flughafen abzuholen», erinnert sich Pätzold. Ein Hauch von Show, Glamour und Luxus.

Jahrzehnte später kommen Autos wie der Hansa 1100 in einem traurigen Zustand zu Pätzold. «Hänschen» (Baujahr 1963) erwarb er im August 1989. Im Oktober 1989 begann die
Restaurierung. Nach neun Monaten war das Auto wieder wie neu. Bleche schneiden, anschrauben, schweißen, mühsames Abschmirgeln mit Schleifpapier und Drahtbürste, Grundieren, Lackieren, Polieren: Unzählige Arbeitsstunden, die von viel Leidenschaft zeugen. «Der begleitet mich jetzt seit 30 Jahren. Nie würde ich ihn hergeben», sagt Pätzold, der mit seinem Hansa 1100 schon 200.000 Kilometer zurücklegte. Das Auto steht im «Schuppen Eins», einer Bremer Adresse für Oldtimer-Fans, wo Pätzold den historischen Fuhrpark betreut.

Einige seiner Autos sind auch bei der Messe
«Bremen Classic Motorshow» (1. bis 3. Februar) zu sehen, die an diesem Wochenende wieder mehr als 40.000 Besucher in die Bremer Messehalle locken dürfte. «Es kommen auch Frauen, aber vor allem sind es Männer», sagt Frank Ruge, der die BCM seit 17 Jahren organisiert. «Das Auto ist hier ein Vehikel der Erinnerung. Man denkt vielleicht an die erste Freundin oder das Auto, das man immer haben wollte, oder das man schon immer furchtbar fand.» Auf jeden Fall stelle sich bei vielen ein Glänzen in den Augen ein. «Und das kommt nicht nur vom Chrom.»

Der Trend zu historischen Fahrzeugen ist ungebrochen. Das zeigt die steigende Zahl der Historien-Kennzeichen. Das «H» am Ende des Kfz-Kennzeichens dürfen nur Fahrzeuge führen, die als «historisches Kulturgut» gelten und älter als 30 Jahre sind. Neue Zulassungszahlen für 2018 kommen zwar erst im März raus. Zum Stichtag 1. Januar 2018 waren aber deutschlandweit 477 386 Fahrzeuge mit H-Kennzeichen (10,9 Prozent mehr als im Vorjahr) unterwegs. Und längst nicht jeder Oldtimer hat ein H-Kennzeichen. Am Gesamtbestand von 63,7 Millionen zugelassenen Kraftfahrzeugen – Autos, Motorräder, Anhänger – machten 30 oder mehr Jahre alte Fahrzeuge mit rund 600.000 ein Prozent aus.

Deutlich älter als 30 Jahre ist auch «Opa», Pätzolds Mercedes-Coupé 250 CE. Den Sechs-Zylinder, Baujahr 1972, hatte sein Großvater ihm schon versprochen. Dann kam 1989 ein Unfall dazwischen und das Auto kam weg. Zwölf Jahre später entdeckte Pätzold den Wagen, den er nur «Opa» nennt, zufällig in Cloppenburg wieder und kaufte ihn.

Neue Autos reizen den Bremer wenig. So sieht er die neue Borgward-Generation, die unter chinesischer Investoren-Führung entstand, aus der Perspektive des Oldtimer-Liebhabers eher skeptisch: «Da steht Borgward drauf, ist aber kein Borgward drin.»


(dpa)

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