Riesige Waldinstallation im Wörthersee-Stadion zu sehen

Klagenfurt – 53 Birken, 30 Zitterpappeln, 27 Stieleichen, 27 Lärchen, 26 Waldföhren und noch weitere 136 Bäume machen aus dem Wörthersee-Stadion in Klagenfurt in Österreich ein Umwelt-Mahnmal, das aktueller kaum sein könnte.

«Der Zeitpunkt ist mir ein bisschen unheimlich. Es kommt so was von punktgenau», sagte der Schweizer Projektinitiator Klaus Littmann angesichts des Klimawandels, der Brandrodungen und des Waldsterbens. Die Kunstinstallation
«For Forest» stellt auf spektakuläre Weise eine zentrale Frage: Ist der Wald bald nur noch als Schauobjekt wie in einem Museum zu bewundern? Das Bild der Bäume als Mini-Mischwald im Fußballrund werde um die Welt gehen, ist sich Littmann sicher.

Vision von Max Peintner

Das seit sechs Jahren geplante Projekt im Wörthersee-Stadion lehnt sich an die Bleistiftzeichnung des österreichischen Malers Max Peintner «Die ungebrochene Anziehungskraft der Natur» an. Sie zeigt ein Stadion voller Zuschauer, die einen Wald betrachten. Peintner ist eine wichtige Figur der österreichischen Umweltbewegung. Seit den 1970er Jahren ist er für seine kritischen Gesellschaftsentwürfe bekannt.

«Eine unglaubliche Bildidee, das müsste man realisieren», habe er sich schon vor Jahrzehnten gedacht, so Littmann. Das Stadion sei wie eine Schüssel, in der Natur bewahrt werde, meinte der 81-jährige Peintner. Zu sehen ist der Stadionwald vom 8. September bis zum 27. Oktober – gratis von 10 Uhr morgens bis 22 Uhr abends. Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz betonte, dass kein Steuergeld in das von Mäzenen finanzierte Projekt geflossen sei.

Es stellten sich bei diesem Anblick automatisch viele Fragen zum eigenen Umgang mit der Natur, meinte Littmann, ein Ex-Galerist und Event-Manager. Das aus Anlass der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Klagenfurt errichtete Stadion mit Platz für 30.000 Zuschauer sei als Standort ein Glücksfall. Der Kontrast zwischen dem Glas, Stahl und Beton des Stadions und dem Wald sei besonders deutlich. «Es entsteht ein radikales Bild», so Littmann.

Verwirklicht hat das Projekt der Schweizer Landschaftsarchitekt Enzo Enea. «Es war mir sehr wichtig, dass das Projekt nachhaltig ist», sagte der 55-Jährige. Die etwa 50-jährigen Bäume mit einer Höhe von rund 15 Metern stammen aus Baumschulen und seien an neue Standorte gewöhnt. Nach der temporären Installation soll der Wald an einem öffentlichen Ort in der Nähe des Stadions verpflanzt und als lebendige, sich weiter verändernde «Waldskulptur» erhalten bleiben.

«For Forest» folgt Baummuseum am Zürichsee

Enea hat vor Jahren bereits die Vision Peintners umgesetzt – mit seinem 2010 eröffneten
Baummuseum in einem 75.000 Quadratmeter großen Park in Rapperswil am Zürichsee. Von den rund 50 Bäumen, darunter beeindruckende japanische Ahornbäume und Kastanienbäume, sind viele über 100 Jahre alt. «Andere sammeln Uhren, Autos und Weine, ich sammle Bäume», sagte er. Enea sammelt vor allem Bäume, die andere loswerden wollen, um Gebäuden oder Straßen Platz zu machen. Ihr Transport ist oft kompliziert, vor allem wenn die Bäume zu breit sind, um durch Unterführungen zu passen. Dabei kommt auch öfters ein Hubschrauber zum Einsatz.

Enea inszeniert seine Bäume in der Schweiz wie Kunstwerke. Sie lehnen an großen Kalksteinblöcken, um ihren durch Zeit, Wind und Regen gestalteten Formen eine archäologische Dimension zu verleihen. Der Betrachter nimmt sie als wahre Skulpturen wahr.

Bei «For Forest» wurden für den Wald auch 7000 Kubikmeter Hackschnitzel ausgebracht, 4500 Quadratmeter Rollrasen wurden verlegt und zehn Kilometer lange Wasserleitungen sollen dafür sorgen, dass es den Bäumen gut geht. Gegen das Projekt gab es auch Widerstand. Die rechte FPÖ setzte sich mit Protestschreiben an die Spitze der Kunst-Oppositionellen und sieht einen «Stadionmissbrauch» – das Stadion war immerhin ein Lieblingsprojekt des einstigen FPÖ-Chefs Jörg Haider. Auch die Öko-Bilanz des Projekts sei fragwürdig, angesichts des langen Transports der Bäume nach Klagenfurt.

Zweitligist Austria Klagenfurt muss für die Kunst auf das benachbarte Karawankenblick-Stadion ausweichen. Statt ihre Mannschaft in EM-tauglichem Ambiente anzufeuern, müssen sich die Fans dann neuen Herausforderungen stellen. Nach dem ersten Spiel dort wurde klar: Es müssen zusätzliche Toiletten her.

(dpa)

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