Renault Scénic: Aerodynamisch wertvolle Optikschnitte

Der Designer muss beim Renault Scénic mit einem Ei begonnen haben. Das hat er gestreckt, oben ein bisschen drauf geklopft und dann hinten das Messer fallen lassen. So weit, so grob. Beim Feinschliff hat er dann sein volles Talent entfaltet. Herausgekommen ist eine ästhetisch und aerodynamisch wertvolle Optikschnitte mit seitlichen Schwellern und feiner Taille zwischen den Fahrgestellen.
Der Scénic ist ein Familien-Van mit einem Hauch SUV-Charakter, der gar nicht so brav daherkommt.

Die 20- Zoll-Felgen trägt der Franzose mit Stolz, nur fehlt optisch die Konsequenz. Denn mit den 195/55er-Schläppchen ist er auf recht schmalen Stelzen unterwegs. Natürlich haben sich die Franzosen dabei etwas gedacht: Die speziell für den Scénic entwickelten Pneus sollen beim Kraftstoffsparen helfen. Seinem Namen macht der Scénic (dt. szenisch) alle Ehre: Durch die durchsichtige Riesenfront und das Glasdach entgeht den Passagieren nichts. Freundliches Licht strömt selbst bei Regenwetter in den Innenraum – und das trotz niedriger Seitenscheiben.

Eine bemerkenswert gute Idee hat Renault zwischen Fahrer und Copilot umgesetzt: Eine verschiebbare Mittelkonsole. Die lässt sich für endlose Ellbogenfreiheit nach hinten schieben oder aber als Trenner bis unter das Armaturenbrett bugsieren. Gut gefällt auch das Cockpit mit chromumrahmter Mittelkonsole, zentral platziertem 8,7-Zoll-Touchscreen im Hochformat und wenigen Knöpfen und Schaltern. Das "R-Link 2"-Infotainment-System reagiert schnell und der Bildschirm lässt sich auch bei Sonneneinstrahlung gut ablesen. Nur die Navigationshinweise kommen häufig etwas spät.

Im Innenraum herrschen zumindest in der ersten Reihe großzügige Platzverhältnisse. Familien gehören zur Hauptzielgruppe des Franzosen, aber bei mehr als zwei Personen im Fond wird es dann doch etwas eng. Wer mehr Raum benötigt, wählt besser gleich den großen Bruder Espace. Das Kofferraumvolumen des 4,41 Meter langen "normalen" Scénic ist mit 506 bis 1.554 Liter dagegen recht üppig bemessen – auch Freizeitaktivitäten, die mit sperrigem Gerät verbunden sind, stellen kein Problem dar. Dazu kommen unzählige Ablagen mit zusammen 63 Liter Volumen.

Der avangardistisch angehauchte Franzose fährt sich sehr komfortabel. Das Fahrwerk ist – ganz entgegen dem Ruf französischer Familienkutschen – vergleichsweise straff, schluckt Unebenheiten aber meist mit Bravour, nur mit kurzen Stößen hat es so seine Mühe. Das manuelle Sechsgang-Getriebe schaltet seidenweich, sollte aber permanent bedient werden, denn der Motor hat die Elastizität eines Einmach-Gummis.

Zudem schluckt der 97 kW/132 PS starke 1,2-Liter-Vierzylinder-Benziner mit acht Litern auf 100 Kilometern nennenswert mehr als die laut Norm angegebenen 5,8 Liter. Hier kommt es aber bekanntlich auch entscheidend auf den Gasfuß des Fahrers an. Störend ist unabhängig von der Motorisierung die schon bei Tempo 100 einsetzende, recht laute Geräuschkulisse. Die Lenkung gibt sich dagegen keine Blöße, der Scénic folgt recht präzise wenn auch nicht super direkt den Befehlen des Fahrers.

Fazit: Der Renault Scénic ist ein Schönling, der auch bei der Funktionalität punktet. Ob Familien oder Paare, jung oder alt, sportlich oder elegant, dem Franzosen ist kein Parkett fremd. Lediglich Dynamiker, die auf Sprintqualitäten und Höchstgeschwindigkeit wert legen, müssen sich woanders umschauen.

Volker Hirth

Technische Daten Renault Scénic Energy TCe 130:
Fünftüriger Kompakt-Van, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Millimeter: 4.407/1.866/1.645/2.734, Leergewicht: 1.505 kg, zul. Gesamtgewicht: 2.021 kg, max. Zuladung: 516 kg, Kofferraumvolumen: 506 – 1.554 l, Tankinhalt: 52 l, Preis: ab 25.490 Euro.
Antrieb: Reihenvierzylinder-Benziner, Hubraum: 1.197 ccm, Leistung: 97 kW/132 PS bei 5.500 U/min, max. Drehmoment: 205 Nm bei 2.000 U/min, manuelles 6-Gang-Getriebe, Frontantrieb, Beschleunigung 0 bis 100 km/h: 11,4 s, Höchstgeschwindigkeit: 195 km/h, Normverbrauch: 5,8 l/100 km, CO2-Ausstoß: 130 g/km, Testverbrauch: 8,0 l/100 km.


Quelle: GLP mid

(dpa)