Nico Hülkenberg: «Super-Held» vor dem Formel-1-Aus

São Paulo – Endlich weiß Nico Hülkenberg, wie er schneller durch den schrecklichen Verkehr in São Paulo kommt. Einfach per Helikopter.

Ein echter Überflieger aber ist Hülkenberg in der Formel 1 nie geworden. Dabei war der Rheinländer als Gewinnertyp mit den besten Empfehlungen gekommen: Sieger der damaligen A1-Rennserie, Sieger der Formel-3-Euroserie, Sieger der GP 2, der damals höchsten Rennklasse unter der Formel 1. Was will ein Rennfahrertalent mehr?

Der Einstieg in die Motorsport-Königsklasse wirkte 2010 wie der logische Schritt für ihn. Und dann noch bei Williams. Für das britische Traditionsteam waren zuvor schon die Deutschen Heinz-Harald Frentzen, Ralf Schumacher, Nick Heidfeld und Nico Rosberg gefahren.

Hülkenbergs große Stunde schlägt an einem 6. November vor neun Jahren in São Paulo. Die Qualifikation wird zum großen Regenspektakel mit dem großen Gewinner namens Hülkenberg. «Ich kann es nicht glauben», sagte der gebürtige Emmericher damals. Um über eine Sekunde hatte er Sebastian Vettel im Red Bull auf Platz zwei verwiesen. «Als ich noch jung und schnell war», schrieb Hülkenberg nun rückblickend mit einem Zwinkersmiley zu einem Video von damals bei Instagram.

So gut, so schön. Im Rennen wurde Hülkenberg Achter, beim Saisonfinale 16. – und dann geriet die Formel-1-Karriere des hoch gehandelten Hülkenberg auch schon wieder ins Stocken. Der Vertrag bei Williams wurde nicht verlängert, er wurde Testfahrer bei Force India. 2012 stieg er dort zum Stammfahrer auf. 2013 fuhr Hülkenberg für den Schweizer Sauber-Rennstall. Von 2014 bis einschließlich 2016 war es wieder Force India, ehe er 2017 zu Renault wechselte.

Was in der Aufzählung fehlt, sind die drei großen Teams: Mercedes, Ferrari, Red Bull. «Er ist der Superheld mit dem Talent, ein Rennsuperstar zu werden – wenn er nur in einem Top-Team seine Muskeln spielen lassen könnte», urteilt die Formel 1 auf ihrer Homepage über Hülkenberg, der den Spitznamen «Hulk» trägt.

Und so kommt es, dass dieser Nico Hülkenberg, der 2015 die legendären 24 Stunden von Le Mans gewann, womöglich das letzte Mal als Formel-1-Fahrer zum Großen Preis von Brasilien gereist ist. Der Ort voller Erinnerungen. «Die Pole Position 2010 war etwas ganz Besonderes», sagt er heute. «Das hat einfach Spaß gemacht, weil alles gepasst hat.»

Ansonsten passte halt nicht so viel in seiner Formel-1-Karriere. Hülkenberg wechselte mehrmals das Management, einen Platz in einem der drei erfolgversprechenden Teams brachte ihm das auch nicht ein. Stattdessen ist er der Pilot mit den meisten Grand-Prix-Teilnahmen (177) in der Formel 1, ohne es jemals aufs Podest geschafft zu haben. Dreimal Vierter steht in der Sparte der besten Rennergebnisse.

Mittlerweile ist Hülkenberg 32 Jahre alt. Ohne genauen Zukunftsplan nach Brasilien gereist zu sein, ist er indes schon gewohnt. «Ich würde gern weiterfahren. Aber wenn nicht, dann ist es so», betonte Hülkenberg jüngst.

Anders als die sogenannten Bezahlfahrer, die mittlerweile ihren Weg in die Formel 1 gefunden haben und viel Geld durch Sponsoren mitbringen, bekam er Geld von den Rennställen für seine Arbeit. Bei Renault erhielt er aber nach drei Jahren keinen neuen Vertrag. Die Franzosen setzen ab der kommenden Saison neben dem Australier Daniel Ricciardo auf Esteban Ocon – Franzose aus der Mercedes-Nachwuchsschule.

Eine Rückkehr zum sportlich eher bemitleidenswerten Williams-Team schloss Hülkenberg aus. Andere Möglichkeiten haben sich erledigt. «Irgendwann musst du außen schauen, was das Nächstbeste ist», meinte er bereits. Tritt Hülkenberg ab, wird 2020 Vettel als einziger Deutscher am Start sein.


(dpa)

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