Mehrgenerationen-Urlaub auf dem Kreuzfahrtschiff

Dubai – Die Passagiere machen sich an dem zähen Teig zu schaffen. Tiemon Rontschky schaut ihnen über die Schulter. Geduldig erklärt er, wie man ihn ziehen muss. «Durch den Strudelteig muss man die Zeitung lesen können», sagt der junge Konditor aus dem Küchenteam der «Mein Schiff 5». Apfelstrudel, ein schwieriges Unterfangen.

Meine Mutter ist eigentlich erfahren in Sachen Süßspeisen. Von der anderen Tischseite schaut sie auf meine Hände. Die ziehen und ziehen, der Teig wird dünner und dünner. Ihrer dagegen ist ungleichmäßig, die ersten Risse zeigen sich. Doch sie flickt die Löcher wie ein Profi, füllt den Teig mit der Mischung aus Äpfeln, Mandeln, Rosinen und Semmelbrösel. Ab in den Ofen, in ein paar Stunden wird gegessen.

Apfelstrudel mitten im Persischen Golf

Man könnte meinen, wir machen Urlaub in Wien oder Oberbayern. Doch den Apfelstrudel backen wir mitten im Persischen Golf. Irgendwas muss man am Seetag zwischen Bahrain und Khasab im Oman ja zu tun haben. Und professionelles Süßspeisenbacken geht für meine Mutter und mich immer. Wir hantieren ja beide gerne in der Küche.

Wir sind zu dritt an Bord des Kreuzfahrtschiffes: meine Tochter, meine Mutter und ich. Ein kleiner Mehrgenerationenurlaub auf See. Kann das funktionieren?

Mehrere Generationen auf Kreuzfahrt – bei der Tui-Flotte ist das keine Seltenheit. «Die Familien wohnen ja in Deutschland oft weit verstreut, teils sogar im Ausland», sagt Doreen Kümpel, Direktorin auf der «Mein Schiff 5».

Das Kreuzfahrtschiff bietet seine Vorteile, wenn Eltern, Kinder, Oma und Opa für eine oder zwei Wochen zusammen Ferien machen. Es gibt in den Restaurants große Tische für Familien, nach Möglichkeit werden sie in Kabinen untergebracht, die nicht zu weit voneinander entfernt liegen. Außerdem gibt es auf den Schiffen meist genug zu tun: Pools, Koch-Workshops, Wellness, Landgänge. Da gehen Männer auf eine Mountainbike-Tour, während sich Frauen im Spa verwöhnen lassen.

Klingt nach Klischee? «Das ist tatsächlich oft so», sagt Kümpel.

Auch wir erfüllen ein Klischee – und gehen im Oman auf eine kleine Shopping-Tour. Nach einem recht kurzen Besuch der Sultan-Qabus-Moschee in Maskat und anschließender Stadtrundfahrt in der Hauptstadt des Sultanats bummeln wir länger im Souq, dem Markt.

Übersetzungshilfe auf dem Souq in Maskat

Als wir dort eine Ecke umrunden, weiß ich: Es wird noch dauern, bis wir wieder auf dem Schiff sind. Denn es gibt Tücher, Schals, Kleider. Und Stoffe, in Dutzenden Geschäften. Nähen ist das liebste Hobby meiner Mutter – und gerade hat sie ihr kleines Paradies entdeckt.

Dazu einen Verkäufer, der sich für die interessierte Kundin sehr ins Zeug legt. Und ich? Übersetze das radebrechende Englisch und gebe hin und wieder einen Kommentar zu diesem Stoff oder jenem Nähplan ab. Am Ende verbringen wir viel Zeit in dem kleinen Geschäft und gehen mit einer großen Tasche voller Material wieder hinaus.

Während der Souq eine ganz neue Erfahrung für meine Mutter war, hat meine Tochter zum ersten Mal Delfine in freier Wildbahn gesehen. Und kann nicht aufhören, von dem schnellen Boot und den vielen Tümmlern zu erzählen. Stoffe? Naja, sie schaut höflicherweise einmal in die Tüte hinein – und erzählt dann weiter von den Delfinen.

Mutprobe im Falkenkrankenhaus

In Abu Dhabi verlassen wir drei gemeinsam das Schiff. Es geht wieder um Tiere: Wir statten dem Falkenkrankenhaus einen Besuch ab, das die deutsche Tierärztin Margit Müller seit 1999 leitet. Dort dürfen sich die Besucher um einen OP-Tisch gruppieren – und werden Zeuge einer Falken-Pediküre. «Ein Routine-Eingriff», wie der behandelnde Experte versichert, während er einen Vogel sediert.

Dann folgt eine Mutprobe: wir dürfen einen Falknerhandschuh überstreifen. Der Raubvogel setzt sich auf die Hand. Die Oma muss als erstes ran, erst danach traut sich ihr Enkel an den Falken. Und will ihn nicht mehr hergeben, auch als das Erinnerungsfoto schon längst gemacht ist.

Noch mehr Tiere gibt es im Emirat Katar zu sehen. Auf der Kamelrennbahn drehen die langbeinigen Tiere mit Trainingsrobotern ihre Runden. Im Reitzentrum Al Shaqab in der Nähe der Hauptstadt Doha wiederum werden edle Araberpferde gezüchtet – sie leben in klimatisierten Stallungen. Es gibt ein Pferde-Jacuzzi, ein Schwimmbad für die teuren Vierbeiner und sogar ein Laufband. Nichts wird auf dem Weg zum Erfolg dem Zufall überlassen.

Bei der Wüstensafari wird Oma blass

An Land ist nicht immer klassisches Sightseeing auf dem Programm. Beim Stopp in dem kleinen Emirat Khor Fakkan steht eine wilde Fahrt in die Wüste an. Die Fahrer jagen ihre Jeeps über die höchsten Dünen.

Die Oma schweigt während der Fahrt und wird eher blass, dem Kind könnte es nicht wild genug sein. Und dann gibt es ja auch noch die Pausen – in denen diese weite, rote Wüste einfach nur ein riesiger, warmer Sandkasten ist.

Beim letzten Ausflug der Reise in Khasab im Oman überwindet Oma sogar ihre Ängste. Meine Tochter und ich sind passionierte Schwimmer, wo Wasser ist, braucht man uns nicht lange zu suchen. Oma aber gehört zu der Generation, in der vor allem Jungs richtig schwimmen lernten.

Doch bei einer Tour durch die Fjordlandschaften im Norden Omans in einem hölzernen Dhau – dem traditionellen Boot der Region – ist das klare, salzige Wasser einfach zu verlockend. Also lässt sich die Oma überreden, legt eine Schwimmweste an und wagt den Sprung hinein. Zum ersten Mal in ihrem Leben schwimmt sie im tiefen Meer.

Info-Kasten: Kreuzfahrten im Persischen Golf und Golf von Oman

Verschiedene Reedereien fahren im Winterhalbjahr die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar und den Oman an. Tui Cruises bietet von Oktober 2019 bis März 2020 siebentägige Kreuzfahrten mit der «Mein Schiff 5» ab und bis Dubai an, abwechselnd mit Katar oder Oman. Auch Schiffe der Aida-Flotte, von MSC, Seabourn oder Royal Caribbean fahren in der Region.


(dpa/tmn)

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