Für wen sich die Anschaffung eines Diesels noch lohnt

Wuppertal – Der Diesel steht am Pranger. Verantwortlich dafür sind nicht zuletzt die Autokonzerne selbst: Sie haben ihre Autos in der Theorie sauberer erscheinen lassen, als sie es im Alltag tatsächlich waren.

Mittlerweile aber hat die Industrie reagiert. Dieselautos nach Euro-6d-Norm stoßen so wenig Schadstoffe aus wie noch kein Diesel zuvor.

Ist der Selbstzünder damit aber rehabilitiert? Und wie steht es um die zukünftige Wirtschaftlichkeit, nachdem die Bundesregierung gerade erst ein Maßnahmenpaket zum Klimaschutz verabschiedet hat?

Bessere Umweltverträglichkeit neuerer Selbstzünder

«Mit einem Diesel der neuesten Technik, nach Euro 6d-Norm, kann man sich auch unter dem Gesichtspunkt einer besseren Umweltverträglichkeit auf die Straße trauen», sagt Professor Manfred Fischedick. Das beste, weil schadstoffärmste Auto dieser Welt aber sei selbst der modernste Diesel deshalb noch lange nicht.

«Wer das will, muss ein Erdgas- oder ein Elektroauto kaufen. Oder, anders formuliert: Der Diesel reicht zwar, um in die Stadt zu fahren, aber nicht dafür, wirklich umweltfreundlich unterwegs zu sein», so der Energie- und Klimaforscher beim Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie.

Constantin Hack vom Auto Club Europa (ACE) sieht das ähnlich: «Die gesundheitsschädlichen Aspekte dürfen keinesfalls außen vor bleiben. Die hohen Stickoxid-Emissionen – insbesondere bei älteren Modellen – sind das wohl größte Problem des Diesels.»

Tägliches Nutzungsszenario entscheidend

Andere sehen ganz pragmatische Gründe dafür, dass der Diesel in bestimmten Bereichen noch länger das Mittel der Wahl sein dürfte. «Der potenzielle Auto-Käufer muss sich immer die Frage stellen, ob es unter seinen Anforderungen ein Szenario gibt, bei dem er mit einem Elektro-Auto nicht zurechtkommt», so Josef Reitberger, Chefredakteur des Technik-Magazins «Chip» sowie des Elektromobilität-Portals «EFahrer.com».

«Wenn ich jeden Tag um die 600 Kilometer fahren muss, werde ich mir ein Elektroauto, das zweimal aufgeladen werden muss und damit auch eine genaue Streckenplanung verlangt, nicht antun». Die Frage sei also weniger, wie viele Kilometer man im Jahr fahre, sondern wie oft zu viele Kilometer pro Tag anfallen können, so Reitberger.

Auch wirtschaftliche Gründe könnten (noch) für den Diesel sprechen. «Generell wirkt sich der Preisvorteil eines Diesels gegenüber einem Benziner eher bei großvolumigen Fahrzeugen aus sowie für Vielfahrer, in der Regel ab 20 000 Kilometern pro Jahr», sagt Hack. «Denn Diesel verbrauchen etwa 15 bis 20 Prozent weniger Kraftstoff.» Dies liege an der größeren Effizienz des Dieselmotors sowie an der größeren Energiedichte von Diesel, so der ACE-Autoexperte.

Ab wie vielen Kilometern im Jahr lohnt sich ein Diesel?

Die Frage, ob sich ein Diesel wirklich noch rechne, sei insgesamt aber komplizierter geworden, gibt Fischedick zu bedenken. Früher sei man meist von einem Wert um die 15 000 Kilometern ausgegangen, ab dem sich ein Diesel gegenüber etwa einem vergleichbaren Benziner rechne und der höhere Anschaffungspreis und die höheren Steuern durch den geringeren Verbrauch beziehungsweise Spritpreis kompensiert werden. Heute sehe das anders aus. Mancher Pkw komme demnach nun schon ab 12 000 Kilometer in die Wirtschaftlichkeit. «Kleinere Fahrzeuge machen dagegen häufig erst bei 20 000 wirtschaftlich Sinn.»

Rechenbeispiele, die bald aber Makulatur sein könnten. Rücken gemäßg der Pläne der Bundesregierung Diesel- und Benzinpreis tatsächlich immer näher aneinander heran, könne sich die Amortisationszeit eines Diesels deutlich weiter nach hinten verschieben, so der Professor.

Das E-Auto als Alternative?

«Wer über den Kauf eines Neuwagens nachdenkt, für den gibt es bereits heute vielfältige Alternativen zum reinen Verbrennungsmotor», ergänzt Hack. Alternativen, die aber durchaus weiterhin ihre Tücken haben.

Damit Elektro-Autos auch für echte Langstreckenfahrer eine Alternative zum Diesel werden, müsse aber nicht nur die Reichweite vergrößert werden, sondern die Streckenplanung im Auto dynamischer, intelligenter und zuverlässiger werden, so Reitberger.


(dpa/tmn)

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