Frankfurt-Gegner Chelsea: Unruhige Zeiten für Trainer Sarri

London – Maurizio Sarri hat den Spaß an seinem Job noch nicht verloren. «Ich möchte bei Chelsea bleiben», betonte der Trainer der Blues vergangene Woche. «Das Niveau ist sehr hoch. Die Atmosphäre in den Stadien ist toll. Es ist eine wunderbare Liga.»

Der Italiener stand in dieser Saison vermeintlich schon mehrfach vor dem Aus. «Sarri raus!»-Rufe waren häufiger zu hören. Doch der frühere Coach des SSC Neapel will nicht aufgeben. Die Europa League, in der Chelsea im Halbfinale zum Hinspiel bei Eintracht Frankfurt antritt, ist Sarris Chance, einer enttäuschenden Saison ein halbwegs versöhnliches Ende zu geben.

In der heimischen Premier League kämpfen die Blues zwei Spieltage vor Saisonschluss nur noch darum, den vierten Platz zu verteidigen, um sich für die Champions League zu qualifizieren. Die Meisterschaft ist bei 24 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Manchester City längst weg. Auch für die Zukunft äußerte sich Sarri nur sehr verhalten zuversichtlich. «Ich bin mir sicher, dass wir in zwei Saisons näher an ihnen dran sein können», sagte er. «Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir in zwei Saisons auch besser (als sie) werden können.»

Was die Sache für den FC Chelsea deutlich schwieriger macht: Wegen Verstößen gegen Transferregeln hat die FIFA den Verein mit einer Einkaufssperre bis zum Sommer 2020 belegt. Die Londoner haben zwar Widerspruch eingelegt, aber solange eine Entscheidung der FIFA auf sich warten lässt, darf der Club mit keinem Spieler verhandeln.

Die Planung für die nächste Saison liegt an der Stamford Bridge auf Eis. Obendrein gibt es Gerüchte, der russische Clubbesitzer und Milliardär Roman Abramowitsch habe das Interesse an Chelsea verloren. Ein geplanter Stadion-Neubau wurde vorerst abgesagt.

Das passt zu der verkorksten Saison, die mit dem späten Amtsantritt von Sarri schon holprig begann. Wochenlang war er als Trainerkandidat gehandelt worden, doch erst kurz vor der Saison war die Verpflichtung des sechsten Chelsea-Trainers in sechs Jahren fix. Die Clubführung hatte die Trennung von Sarris Vorgänger und Landsmann Antonio Conte lange hinausgezögert. «Wir hatten nur zwei oder drei Wochen, um zu arbeiten», erinnerte Sarri vor kurzem an die knappe Vorbereitung. «Dann haben wir Ende August alle drei Tage gespielt.»

Nach einem vielversprechenden Premier-League-Start mit zwölf Spielen ohne Niederlage verloren Sarris Blues Ende November erstmals – bei Tottenham Hotspur (1:3). In eine echte Krise schlitterte Chelsea Ende Januar. Auf ein 0:2 beim Lokalrivalen Arsenal folgte ein peinliches 0:4 gegen den AFC Bournemouth. Kurz darauf ging Sarris Mannschaft bei Manchester City mit 0:6 unter – ein echtes Desaster.

Eine Revanche verpasste Chelsea zwei Wochen später im Endspiel des Ligapokals, das Man City im Elfmeterschießen gewann. Chelsea zeigte eine gute Leistung, doch ein Eklat überschattete alles. Kurz vor dem Elfmeterschießen verweigerte Torwart Kepa seine Auswechslung – eine Demütigung für Sarri, der am Spielfeldrand tobte und von Verteidiger Antonio Rüdiger zurückgehalten wurde. Viele in England rechneten danach mit seinem Aus. Doch der Italiener blieb. Kepa kassierte eine Geldstrafe und wurde vom Coach vorübergehend auf die Bank verbannt.

In den Wochen danach schwankten die Leistungen der Blues weiter. Die Schmährufe wurden zuletzt wieder leiser, auch weil der als stur geltende Sarri von seinem als «Sarri-Ball» bekannten Stil abrückte. Sein Team hat es nun selbst in der Hand, sich in den verbleibenden Partien gegen den FC Watford und Leicester City für die Königsklasse zu qualifizieren – oder mit dem Gewinn der Europa League.

Sollte der 60-Jährige mit Chelsea in Europa triumphieren, wäre das allerdings keine Garantie für eine ruhigere Zukunft in London. Schon häufiger wurden Trainer an der Stamford Bridge kurz nach dem Gewinn einer Trophäe geschasst. Nach José Mourinho, Carlo Ancelotti und Roberto Di Matteo erlebte das auch Sarris Vorgänger Conte. Er musste trotz eines Meistertitels und als amtierender Pokalsieger gehen.


(dpa)

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