Erste gemeinsame Wohnung: So meistern Paare die Probe

Düsseldorf (dpa/tmn) – Am Anfang einer Beziehung ist oft alles rosarot. Aber irgendwann kehrt der Alltag ein – da ist das Zusammenziehen eine besondere Herausforderung. Wenn ein Paar zusammenzieht, erlebt es auf einmal Probleme, die es vorher nicht kannte.

Psychologe Marcus Rautenberg aus Hainfeld (Rheinland-Pfalz) erklärt, warum das so ist: «Oft sind es dann die normalen Dinge, die Streit hervorbringen: Putzen, Kochen, Spülen, Müll rausbringen», sagt Rautenberg. Die alltäglichen Aufgaben seien oft ein Faktor, der eine Beziehung zum Scheitern bringt.

Wenn es hier schon nicht funktioniert, merkt man laut dem Psychologen, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war – oder nicht der richtige Partner. Wichtig sei, über alle Probleme sprechen zu können, sagt auch Stefan Marmann, Psychologe und Paartherapeut aus Düsseldorf.

Andreas Wening und Lisa Petz sind vor Kurzem in ihre erste gemeinsame Wohnung gezogen, da sie ein Kind erwarteten. Das Zusammenziehen brachte allerdings Probleme mit sich. Das Paar zog in eine Wohnung neben der Wohnung von Petz‘ Eltern, die gleichzeitig die Vermieter sind. Der Mediator Jochen Waibel hält das für keine gute Idee. «Das ist ein großes Risiko, dass dabei die Beziehung Schaden nimmt», sagt er. «Am Anfang habe ich mich nicht zu Hause gefühlt», erzählt Wening. Das führte dazu, dass er sich nicht an Aufgaben im Haushalt beteiligte. Und ihn störte, dass seine Freundin oft zu ihren Eltern ging. «In dieser Streitphase bin ich für fünf Tage wieder ausgezogen», sagt Wening. Dieser Abstand habe dem Paar geholfen, die Situation objektiver zu sehen und eine Lösung zu finden.

Marmann fällt auf, dass Männer beim Zusammenziehen meist von Egoismus gezeichnet sind, Frauen von zu starkem Entgegenkommen. Hier müsse ein Gleichgewicht entstehen. Letztlich hat die gemeinsame Wohnung das Paar zusammengeschweißt, erzählt Lisa Petz. «Aus zwei Ich ist ein Wir geworden.» Das ist nicht immer so, weiß Rautenberg. Es komme darauf an, wie sehr das Paar bereits vor dem Zusammenziehen seinen Alltag geteilt habe.

Wer zusammenzieht, macht sich auch Gedanken über die Finanzen. Soll es ein gemeinsames Konto geben? Hier gehen die Meinungen vieler Paare auseinander und auch die Psychologen sind sich nicht einig. Waibel findet nicht, dass eine Beziehung durch ein gemeinsames Konto gefestigt wird. «Beim Zusammenziehen geht es um Realität, nicht um Romantik», sagt der Mediator. Gutes Vertrauen brauche klare Grenzen. Eine Lösung könnten getrennte Konten und ein zusätzliches gemeinsames Konto für gemeinsame Ausgaben wie Miete und Essen sein. Geld sei aber sowieso eine Angelegenheit, die jedes Paar individuell lösen muss.

Für Marmann dagegen gehört ein gemeinsames Konto zu einer richtigen Beziehung dazu: Teilt man sein Leben, teile man alles. Da sei die gemeinsame Regelung von Finanzen naheliegend. Vor allem nach einer Heirat oder mit gemeinsamen Kindern werde es schwierig, Geldangelegenheiten ohne ein gemeinsames Konto zu klären.

Wichtig sind aber genaue Vereinbarungen. «Es kann ja beispielsweise sein, dass er ohne Absprache einfach etwas kauft», sagt Rautenberg. Wird das zum Dauerzustand, kann das zu großen Konflikten führen.

Der erste Konflikt entsteht oft allerdings schon vor dem Zusammenziehen: Die Angst vor den Problemen, die die gemeinsame Wohnung mit sich bringen kann, sei keine Seltenheit. «Flucht und Vermeidung bringen nichts», sagt Marmann. Er rät ängstlichen Paaren, einfach ins kalte Wasser zu springen und das Risiko des Scheiterns auf sich zu nehmen. Dies müsse man dann einfach als Lebenserfahrung betrachten, die einen weiterbringt.

Menschen, die allerdings abhängig von ihren Partnern sind und alleine schlecht zurechtkommen, sollten laut dem Psychologen erst einmal mit sich selbst klarkommen. Vor der ersten gemeinsamen Wohnung sollte das Paar sich also bewusst sein, dass es sich beim Zusammenziehen von allen Seiten kennenlernt und mit Problemen konfrontiert wird. Das Wichtigste ist, Probleme direkt anzusprechen und auf die Bedürfnisse des anderen einzugehen. Wie Waibel sagt, ist das Zusammenleben eine wichtige Probe, die jedes Paar ganz individuell meistern muss.

(dpa)