Ernüchternder Abschied für Hoffenheim-Trainer Nagelsmann

Sinsheim – So hatte sich Julian Nagelsmann seine Abschiedsparty für die Spieler und Clubmitarbeiter auf einem Neckarschiff nicht vorgestellt.

Nach dem 0:1 (0:1) gegen Werder Bremen im letzten Heimspiel für den Erfolgstrainer und nur einem Punkt aus den vergangenen drei Partien hat die TSG 1899 Hoffenheim die Europa-League-Teilnahme fast schon verspielt. Ebenso wie die Hanseaten sind die Kraichgauer in der letzten Bundesligarunde nun auf Schützenhilfe angewiesen. «Die Stimmung ist schon verhagelt, da bin ich ehrlich», sagte Nagelsmann, bevor er sich zu seinem Ausstand aufmachte.

«Aber es geht jetzt auch nicht darum, dass es jetzt ein Saufgelage wird für dreieinhalb Jahre», betonte er. Bei seinem Abgang vor der Fan-Tribüne im mit 30 150 Zuschauern ausverkauften Sinsheimer Stadion kämpfte der 31-Jährige mit den Tränen – aus Wehmut, aber auch aus bitterer Enttäuschung. Am Mikrofon bedankte sich Nagelsmann beim Publikum, dass ihm viel Applaus spendete: «Sorry für die drei letzten Spiele, aber danke für neun wundervolle Jahre». Angesichts der steilen Karriere des einstigen A-Jugend-Coaches fiel der Abgang eher ernüchternd aus. Nagelsmann selbst sprach von einem «bescheidenen Abschied».

«Wir schlucken das jetzt runter, heute Abend muss wieder eine bessere Laune herrschen, das hat sich der Julian verdient. Das gehört sich so», mahnte Kapitän Kevin Vogt bei Sky nach dem erneuten Rückschlag und bevor das Schiff mit den Gästen um 21.00 Uhr ablegte.

Die Partycrasher des SV Werder feierten derweil einen wichtigen Dreier beim direkten Rivalen. Während die Hoffenheimer zum Saisonfinale in Mainz antreten, bekommen es die Bremer noch mit dem DFB-Pokalfinalisten, Champions-League-Teilnehmer und künftigen Nagelsmann-Arbeitgeber RB Leipzig zu tun – können allerdings höchstens noch den VfL Wolfsburg vom siebten Tabellenplatz verdrängen. «Wir haben jetzt eine Art Endspiel, auch wenn wir’s nicht mehr in der eigenen Hand haben», sagte Torschütze Johannes Eggestein (39. Minute).

«Die letzten zehn, zwanzig Minuten war es nur noch ein leidenschaftliches Kämpfen. Wir sind einfach sehr glücklich», sagte Chefcoach Florian Kohfeldt nach einem «wilden Spiel». Am Ende einer unruhigen Woche mit der scharfen Kritik von Stürmer Andrej Kramaric an Nagelsmann und dem bekannt gemachten Wechsel von Spielmacher Kerem Demirbay zu Bayer Leverkusen wirkte die TSG ungewohnt fahrig.

«Jetzt gilt die volle Konzentration auf das Spiel in Mainz. Wir haben noch etwas vor», versprach Abwehrspieler Ermin Bicakcic. Außer «Eisen-Ermin» wirkte allerdings kaum einer noch kampfeslustig. Und Nagelsmann räumte ein, dass es schwer sein werde, die Mannschaft jetzt noch einmal auf die letzte Begegnung zu fokussieren – «da brauche ich auch nicht drumherum zu reden». Vor allem Demirbay und Kramaric wirkten, als habe man ihnen den Stecker gezogen. Zudem ist für Nadiem Amiri (Bänderriss) die Saison vorzeitig beendet.

Bei Werder war Max Kruse erst gar nicht mit in den Kraichgau gereist: Den Kapitän und zwölfmaligen Torschützen plagte eine Oberschenkelblessur, die er sich allerdings bereits vor drei Wochen gegen den FC Bayern zugezogen und ihn danach nicht am Spielen gehindert hatte. «Das Hämatom drückt immer noch auf den Muskel», sagte Kohfeldt. Via Facebook erklärte Kruse: «Ich bin schon etwas länger angeschlagen, aber in den letzten drei Wochen wollte ich unbedingt dabei sein. Auch diesmal habe ich alles versucht, leider hat es nicht gereicht.» Er hoffe, dass er gegen Leipzig wieder spielen könne. Dasselbe sagte auch Kohfeldt.


(dpa)

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