Double-Triumph für den «lieben Niko» – Neuer: Geliefert

Berlin – Das aufrichtige Votum des Fanvolkes berührte Niko Kovac tief und schien ihm mehr zu bedeuten als jede Jobgarantie.

Nach einer Verbeugung vor den Anhängern griff sich der Pokal-Experte und erste deutsche Double-Gewinner als Spieler (2003) und Trainer nach dem 3:0 in einem rasanten Finale gegen den abgewehrten Herausforderer RB Leipzig ein Megafon. Dann richtete er vor der Kurve des FC Bayern eine Dankes-Botschaft an die Fans, die ihn lautstark feierten.

«Ohne Euch wäre es nicht möglich gewesen. Ich kann gar nicht sagen, wie stolz ich auf Euch bin», rief Kovac seinen größten Befürwortern zu. Ihre Gefolgschaft nimmt er mit in einen Bayern-Sommer, der spannend bleibt. «Die Fans haben mir auch die Unterstützung in der doch nicht leichten Zeit gegeben», sagte Kovac später, als er über seine Gefühle redete. Von einer «Symbiose» zwischen Fans und Mannschaft sprach der Trainer. Sie habe zum «Happy End» eines Jahres beigetragen, das im Herbst schon in Trümmern zu liegen schien. Die Symbiose zwischen Trainer und Mannschaft sowie Trainer und Bossen muss nach den Jubel-Bildern vom Samstagabend weiter wachsen. Zweifel bleiben.

Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hielt auf der Partybühne in der Hauptstadtrepräsentanz des Hauptsponsors keine Ruhmesrede auf den «lieben Niko». Aber das Abschlusszeugnis des Trainers erzwingt die Versetzung. Eine Trennung von dem 47-Jährigen sei «nie ein Thema» gewesen, hatte Rummenigge zuvor im Fernsehen erklärt.

«Das Selbstverständnis von Bayern München ist, solche Finalspiele zu gewinnen», sagte Rummenigge unter dem Beifall der Bankettgäste. Auf den 29. Liga-Titel folgte der 19. Pokalsieg und damit das 12. Double der Vereinsgeschichte. Rummenigge lobte: «Wir haben eine tolle Woche. Letzte Woche haben wir die Meisterschaft gewonnen – und heute noch oben drauf das Double. Damit haben wir eine Saison abgeschlossen, mit der man hochzufrieden sein kann.» Punkt!

Feiern, genießen «und dann mal zwei, drei Wochen runterkommen» – so lautet der nächste Plan von Kovac: «Ich freue mich jetzt auf den Urlaub. Es war eine anstrengende Saison. Ich denke jetzt nicht darüber nach, wann es wieder losgeht.» Eine ehrliche Analyse mit Rummenigge, Präsident Uli Hoeneß und Sportdirektor Hasan Salihamidzic wird aber folgen müssen. Alle Parteien müssen reifen in der Zusammenarbeit. Weitere mögliche Transfers für den teuren Umbruch des Teams (Leroy Sané? Timo Werner?) müssen besprochen werden, ebenso programmierte Abgänge (Boateng, James, Renato Sanches) über die scheidenden Triple-Gewinner Franck Ribéry, Arjen Robben und Rafinha hinaus. Der Fußball ist schnelllebig, der Erfolg vergänglich.

«Du stehst beim FC Bayern immer unter Druck und musst liefern. Wir haben geliefert», sagte Kapitän Manuel Neuer. Das galt im Endspiel gerade auch für ihn. Der Torwart hielt bei seinem Comeback nach sechs Wochen Verletzungspause wie ein «Gigant» (Rummenigge). Der andere Matchwinner war Doppel-Torschütze Robert Lewandowski. Außerdem traf Kingsley Coman. «Ich habe drei Tore gesehen, denen ich das Prädikat Weltklasse erteilen darf», schwärmte der frühere Torjäger Rummenigge beim Bankett. «Unbedingter Wille und Qualität waren entscheidend dafür, dass wir jetzt als Double-Sieger dastehen», meinte Neuer.

Den anfangs dominanten Finalneulingen aus Leipzig fehlt noch das Münchner Champions-Gen. Ralf Rangnick, der RB-Baumeister, tat sich schwer, die Niederlage in seinem letzten Spiel auf der Trainerbank zu akzeptieren. «Es ist so enttäuschend, weil wir das Spiel nicht verlieren mussten», haderte der 60-Jährige. Die ersten 30 Minuten nannte er «annähernd perfekt», mit Ausnahme der Chancenverwertung. 0:1, 0:0, 0:3 – in allen drei Saisonspielen gegen die Bayern schossen die Sachsen kein Tor. Das muss in Zukunft unbedingt anders werden.

«Für uns ist relevant, dass wir das hohe Tempo der Entwicklung beibehalten. Ich glaube nicht, dass uns die Puste ausgeht. Wir sind kampfbereit auch für die nächste Saison», verkündete Geschäftsführer Oliver Minzlaff. Rangnick will weiter «gute und schlaue Transfers machen» und die Spieler «mit Trainerarbeit» weiter verbessern. Es war ein erster deutlicher Auftrag des Sportdirektors an seinen Nachfolger Julian Nagelsmann.

Kovac rechnet mit weiteren Angriffen aus dem Osten Deutschlands. Der Bayern-Coach stellt sich künftig auf zwei Titelkonkurrenten ein. «Mit dem BVB und auch RB müssen wir in der Zukunft stark rechnen», sagte er zum Dreikampf der Zukunft mit Dortmund und Leipzig. Aber der war noch weit weg in der langen Berliner Partynacht und vor der Feier mit den Fans auf dem Münchner Marienplatz am Sonntagnachmittag.

«Hier sitzt ein Niko Kovac mit einem Jahr mehr Erfahrung, in allen Belangen», sagte der 47-Jährige nach dem nächsten Titelgewinn in seiner Heimatstadt, ein Jahr nach dem sensationellen Pokalsieg mit Eintracht Frankfurt. «Aber hier sitzt trotzdem auch Niko Kovac, der gleich geblieben ist. Ich bin wie ich bin, so möchte ich bleiben, mein Leben lang.» Kovac hat als Mensch viel aushalten müssen.

Er sieht sich als Mann, der niemals aufgibt. «Das ist die Stärke dieser Mannschaft, dieses Clubs, aber auch meine Stärke.» Es ist ihm gelungen, ein schwer zu führendes Team auf ein gemeinsames Ziel zu fokussieren. Es glückte ihm auch, den noch einmal eingewechselten Triple-Helden Franck Ribéry («Das bleibt ein ganzes Leben») und Arjen Robben («Jetzt ist es vorbei, ich bin ein glücklicher Mann») einen würdigen Abschied vom Rekordmeister zu ermöglichen. «Es war nicht einfach», sagte Kapitän Neuer zu Kovacs Premierenjahr: «Das hat er gut gemacht, und das zeichnet einen Trainer aus.»


(dpa)

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