Deutsche Muttersprache macht vielen Erwachsenen Probleme

Berlin – 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland können nicht richtig Deutsch lesen und schreiben. Von den Betroffenen haben mit 52,6 Prozent mehr als die Hälfte Deutsch als Muttersprache.

Das geht aus einer vom Bundesbildungsministerium geförderten Studie hervor. Die Studie «LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität» soll an diesem Dienstag in Berlin vorgestellt werden.

47,4 Prozent haben einen Migrationshintergrund und als erstes eine andere Sprache gelernt als Deutsch. Von diesen 2,9 Millionen Menschen sind knapp 78 Prozent nach eigenen Angaben in der Lage, in ihrer Muttersprache anspruchsvolle Texte zu lesen und zu schreiben.

Insgesamt haben 7,3 Prozent aller Erwachsenen mit Deutsch als erster Sprache laut der Studie nur geringe Lese- und Schreibfähigkeiten. Von den Personen mit einer anderen Herkunftssprache sind es aber mit 42,6 Prozent naheliegenderweise anteilsmäßig weit mehr, die schlecht Deutsch lesen und schreiben können.

2011 hatten insgesamt noch 7,5 Millionen Menschen nur geringe Lese- und Schreibfähigkeiten – also etwa 1,3 Millionen mehr. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) nannte den Rückgang einen «Erfolg für unser Bildungssystem», wie sie der dpa sagte.

Die Betroffenen können einzelne Sätze lesen oder schreiben, aber keine zusammenhängenden Texte verstehen, auch keine kürzeren. Die Anteile der schriftsprachlich Geringqualifizierten bei Menschen jeweils mit Deutsch und mit anderen Sprachen als Muttersprache hätten sich gegenüber der Vorgängerstudie nicht deutlich geändert.

62,3 Prozent der Betroffenen sind laut der Studie trotz ihrer Lese- und Schreibschwäche erwerbstätig. Mehr als jeder Fünfte hat keinen Schulabschluss, weitere zwei Fünftel nur einen geringen.

Auch bei jenen Erwachsenen, die zwar zusammenhängende Texte verstehen, aber dennoch nicht gut lesen und nur sehr fehlerhaft schreiben können, gab es einen Fortschritt. Hier verringerte sich die Anzahl von 13,4 Millionen im Jahr 2011 auf nun 10,6 Millionen Menschen.

Enttabuisierung von Lese- und Schreibschwäche und mehr und bessere Angebote zum Lernen spielen laut Ministerium beim Rückgang der Betroffenenzahlen eine Rolle. Studienautorin Anke Grotlüschen sagte der dpa zudem, die Fortschritte gingen mit besseren Schulabschlüssen und einer höheren Erwerbsbeteiligung einher.

Für die Studie wurden im Sommer 2018 rund 7200 deutschsprechende Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren befragt. Für die Befragung mussten die Menschen ausreichend Deutsch sprechen, um einer etwa einstündigen Befragung folgen zu können.

Karliczek sagte trotz der Fortschritte: «Politik und Gesellschaft dürfen aber nicht nachlassen.» Gerade Erwachsenen koste es oft viel Überwindung, sich dem Problem der Lese- und Schreibschwierigkeiten zu stellen. Stärker beachtet werden müssten Menschen mit Migrationshintergrund.


(dpa)

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