Der Nächste, bitte: David Wagner soll Schalker wiederbeleben

Gelsenkirchen – Der Vertrauensvorschuss in den neuen Trainer ist wie immer groß. Das aber war auf Schalke auch bei David Wagners Vorgängern wie Domenico Tedesco, Markus Weinzierl, André Breitenreiter oder Roberto Di Matteo der Fall.

Sie alle sollten die Gelsenkirchener Fußballprofis so konkurrenzfähig machen, dass irgendwann das Ende der vielen Jahre ohne Meisterschale erreicht sein würde. Im Werbeslogan einer Biermarke hieß es: «Nur gucken, nicht anfassen!» Damit werden die Fans des FC Schalke 04 gern aufgezogen.

Jetzt also darf sich Wagner versuchen – ein Wagnis? Für Sportvorstand Jochen Schneider keineswegs. Der 47-Jährige passe «perfekt» in das Anforderungsprofil des Bundesligisten. Schneider hat von seinem Neuen bestimmt auch deshalb eine hohe Meinung, weil der ehemalige Schalker Eurofighter im November 2015 den damaligen englischen Zweitligisten Huddersfield Town übernahm, ihn in die Premier League führte und «den größten Underdog aller Zeiten», wie Wagner es ausdrückte, im ersten Jahr geradezu sensationell zum Klassenverbleib coachte.

Nun beschwört Wagner, ausgestattet mit einem Vertrag bis 2022, alte Bergmanns-Tugenden: harte Arbeit, Ärmel hochkrempeln, alles für die Gemeinschaft tun. «Ich kenne aus eigener bester Erfahrung als Spieler die Kraft, die Schalke 04 entwickeln kann, wenn Mannschaft, Verein und Fans an einem Strang ziehen.» Das sei für ihn die größte Motivation, erstmals als Trainer in der Bundesliga zu arbeiten, nachdem er von 1995 und 1997 als Profi 36 Mal das S04-Trikot trug.

Wagner eilt der Ruf voraus, seine Teams mit Tempofußball, energischem Druck durch Pressing und Gegenpressing und überfallartigen Attacken spielen zu lassen. Das dürfte den zuletzt unzufriedenen Fans gefallen: Sie wurden in jüngerer Vergangenheit nicht mit Fußball-Kunst verwöhnt, selbst im Jahr der Vizemeisterschaft 2018 unter dem Sicherheitscoach Tedesco nicht. Das soll und will Wagner mit emotionalem Vollgasfußball schnell ändern.

Er findet indes etliche Baustellen vor. Die Profis, die bis zum Saisonende noch von «Jahrhunderttrainer» Huub Stevens betreut werden, machten nicht alle und nicht immer den Eindruck, als ob sie bereit wären, sich bis zum Letzten aufopfern zu wollen. Beim 4:2 im Revierderby in Dortmund war das anders – aber das resultierte wohl aus der Eigendynamik, die bei den Duellen zwischen Königsblau und Schwarz-gelb stets herrscht.

In seinem Wirken soll Wagner demnächst neue Unterstützer bekommen. Ein Sportdirektor und ein Technischer Direktor, der auch als Kaderplaner arbeiten könnte, stehen auf der Personal-Wunschliste ganz oben. In Sachen Sportdirektor geistert sogar der Name eines alten Bekannten durchs Revier. «Ich bin immer noch mit Horst eng befreundet und es gibt nichts, was gegen Horst Heldt spricht für mich», sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies dem TV-Sender Sky.

Spätestens mit Beginn der neuen Saison sollen diese Dinge geklärt sein – eher früher. Sportlich haben die Mitglieder des Stevens-Teams noch zweimal die Chance, sich bei Wagner nachhaltig zu empfehlen. Der Niederländer Stevens legte seinen Profis für die Auftritte an diesem Samstag in Leverkusen und am 18. Mai gegen Stuttgart nahe, nicht zu schlampen: «Die Spieler wollen ja auch nicht, dass der Trainer dem neuen Trainer negative Sachen erzählt.»

Speziell in der letzten Saisonphase, so deutete es Stevens an, sei es die Pflicht der Profis, alles zu geben: «Und wenn sie es nicht tun, dann bekommen sie es mit mir zu tun.» Denn eines ist für ihn klar: «Ich bin nicht zufrieden mit dem 15. Platz.» Den können sie noch verlassen, wenn sie die Stevens-Ansage beherzigen: «Das ist doch auch ein Zeichen, dass wir Gas geben müssen», betonte der 65-Jährige mit seiner indirekt ausgesprochenen Warnung, er werde Wagner schon etwas zu den Fähigkeiten oder den Nicht-Fähigkeiten des aktuellen Kaders erzählen.


(dpa)

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