Das gab es noch nie: Wikipedia Blackout – am Mittwoch wird es schwarz im Internet

Obwohl das umstrittene SOPA-Gesetz erstmal wieder in den Schubladen des amerikanischen Kongresses verschwunden ist, bleibt die Internetgemeinde auf den Barrikaden. Als Protest gegen SOPA und PIPA nimmt am Mittwoch die englische Version der Internet-Enzyklopädie Wikipedia an einem weltweiten Blackout teil.
„Warnung an Studenten“, hatte Jimmy Wales, Begründer der Online-Enzyklopädie Wikipedia, am Montag getwittert, „macht eure Hausaufgaben früher. Wikipedia protestiert am Mittwoch gegen ein schlechtes Gesetz!“ Das schlechte Gesetz oder die beiden umstrittenen Gesetze gegen die hier protestiert werden soll sind SOPA (Stop Online Piracy Act) und PIPA (Protect IP Act). Hinter diesen harmlos klingenden Akronymen verbirgt sich potenziell die Zukunft des Internets und des Informationszeitalters. Obwohl es sich bei den Gesetzen um amerikanische Legislativen handeln, stellen sie doch Präzedenzfälle und Tendenzen in die Richtung eines mehr regulierten Internets weltweit dar.

SOPA nach Protest zurückgezogen

Eines der beiden heiß debattierten Gesetze, SOPA, wurde in dieser Woche bereits zurückgezogen. In ihrer Essenz sind beide Gesetze jedoch gleich. Ihr Ziel ist es künftig Rechteinhabern zu ermöglichen, die nicht lizenzierte Verbreitung ihrer Werke (Musik, Filme, Fernsehsendungen) durch ausländische Seiten im Internet zu unterbinden. Es sind vor allem die großen Medienunternehmen, die SOPA/PIPA unterstützen. Doch um die Verbreitung nicht lizenzierter Produkte zu unterbinden würde die amerikanische Justizbehörde sich das Recht vorbehalten diejenigen Seiten zu sperren, die ihrer Meinung nach gegen das Gesetz verstoßen. Außerdem soll Einfluss genommen werden auf Suchmaschinen wie Google, welche die betroffenen Internetseiten nicht mehr in den Suchergebnissen anzeigen dürften.

Gesetz ist Zensur, sagen Gegner

Falls beide oder auch nur eines der beiden Gesetze in Kraft treten sollte, könnte es nicht nur auf Internetseiten angewandt werden, die illegal Filme oder Musik bereitstellen. Auch Medien wie die Internetplattform Wikileaks, die im Jahre 2010 Aufsehen mit der von ihr veröffentlichten Dokumenten zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan erregt, könnte dann von der amerikanischen Justiz kaltgestellt werden. Daher argumentieren Gegner das Gesetz sei ein Schritt hin zur Zensur des Internets.

Twitter, Google & Youtube gehören zu den Gegnern

Im Dezember veröffentlichte eine Gruppe aus einflussreichen Persönlichkeiten rund um Twitter, Google und Youtube einen offenen Brief an die zuständigen Behörden. Sie beklagten, dass die geplanten Gesetze Wegbereiter seien für eine Regulation und Zensur des Internets in der Art wie China und der Iran sie bereits betreiben.

Man komme auch auf anderem Wege ans Ziel

Der Internetriese Google ist der Meinung, es gebe auch andere Wege die Online-Piraterie zu stoppen. Eine Sprecherin des Konzerns sagte im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters am Montag: „Wie viele andere Technologie Firmen glauben auch wir, dass es kluge und gezielte Wege gibt um ausländische Internetseiten von Gaunern lahm zu legen ohne dass man amerikanische Firmen dazu zwingt, das Internet zu zensieren.“

Auch Obama springt auf den Anti-SOPA Express auf

Lange Zeit hatte Präsident Obama sich nicht zu den noch im Senat und im Repräsentantenhaus debattierten Gesetzesentwürfen geäußert. Am Samstag sprach sich das Weiße Haus jedoch gegen die Gesetzesinitiative, so wie sie im Moment festgeschrieben ist, aus. Der Präsident droht gegenwärtig nicht mit seinem Veto gegen das Gesetz. Das Weiße Haus machte jedoch deutlich, dass es SOPA/PIPA nicht absegnet. Drei Internet-und Technologieexperten der Obama-Regierung verfassten eine Antwort auf eine Petition gegen SOPA im Internet. Darin heißt es, das Weiße Haus sei nicht bereit eine Regulation zu unterstützen, die die Meinungsfreiheit einschränkt und gleichzeitig auch die Stabilität des Internets bedroht.

So gefährlich ist SOPA/PIPA

Da das Gesetz das Filtern und/oder Blockieren von Internetseiten durch das Domain Name System (DNS), das Telefonbuch für das Internet, vorsieht, könnte es Benutzer über unsichere Kanäle durch und um die blockierten Seiten herumleiten, warnen die Experten des Weißen Hauses. Dieser Eingriff in die Architektur des Internets würde ein „reales Sicherheitsrisiko darstellen und trotzdem wären die illegalen Produkte noch zugänglich“.

Am Mittwoch soll ein Blackout die Konsequenzen von Zensur vorführen

Verschiedenste Firmen hatten es bereits angedroht, darunter auch Google. Am Montag hat Wikipedia-Gründer Jimmy Wales nun den ersten weltweiten Blackout einer der größten Internetseiten überhaupt angekündigt. Ab Mitternacht (Ortszeit Washington D.C.) wird auf den Bildschirmen der Benutzer nicht mehr die Online-Enzyklopädie Wikipedia zu sehen sein, sondern ein schwarzer Hintergrund mit dem Verweis auf die Kongressabgeordneten vor Ort und ein Aufruf zum Protest. Damit will Wales die Telefonsysteme im Regierungsbezirk von Washington zum schmelzen bringen. Es wird geschätzt, das Wikipedia jeden Tag 25 Millionen Besucher auf seine Seite zieht. Durch die Ankündigung des Blackouts dürften es am Mittwoch noch einige mehr sein. Millionen Menschen werden auf verdunkelte Bildschirme starren. Zunächst jedoch nur für 24 Stunden. Wer weiß wie lange noch.