Clubs und Berater helfen Profis bei Social-Media-Nutzung

Frankfurt/Main – Die Causa Gündogan/Can zeigt, welch medialer Sprengstoff im Social-Media-Verhalten von Fußballprofis stecken kann.

Der «Like» eines Bildes, auf dem die türkische Nationalmannschaft beim Torjubel salutiert und damit wohl den Einmarsch der türkischen Armee in Nordsyrien unterstützt, löste erneut eine Kontroverse aus. Vereine und Berater bieten ihren Profis längst Unterstützung bei ihrer Social-Media-Nutzung an – um Tücken zu umschiffen.

Nach Ansicht des Kommunikationsexperten Christoph Grimmer dürften Spieler wie Ilkay Gündogan und Emre Can über die Reaktionen auf ihr Verhalten in den sozialen Netzwerken nicht erstaunt sein. «Bei Gündogan ist es ja eigentlich sogar der zweite Fall nach dem Foto mit Erdogan vor einem Jahr. Da ist man dann schon überrascht, weil ich ihn für einen sehr intelligenten Spieler halte», sagte Grimmer der Deutschen Presse-Agentur. «Die Spieler sehen jetzt ja auch, welche Reaktionen sie bekommen und es wundert mich, dass die Sinne da nicht noch mehr geschärft sind.»

Carsten Meyer betreut mit seiner Agentur «Spirit Kommunikation» in Schorndorf (Baden-Württemberg) zahlreiche Fußballprofis und hilft ihnen unter anderem bei der Außendarstellung. «Ob ein Spieler die Hilfe annimmt, ist ihm überlassen», sagt Meyer. Ex-Nationaltorhüter Ron-Robert Zieler mache das beispielsweise komplett alleine. Sein früherer Stuttgarter Kollege Andreas Beck, der eine Zeit lang in Istanbul spielte, lässt sich seine Posts in den sozialen Medien ins Türkische übersetzen.

«Der Inhalt kommt bei uns allerdings immer von den Spielern. Wir schauen, ob wir bei Formulierungen oder Bildern was beisteuern können», erläutert der Medienberater. Außerdem müssen auch die Bildrechte geklärt werden.

Viele Bundesliga-Vereine achten hingegen sehr wohl auf die Aktivitäten ihrer Profis in den sozialen Netzwerken. Bei Eintracht Frankfurt gebe es zwar keine starren Vorgaben, doch habe der Verein die Veröffentlichungen der Spieler im Blick, sagte ein Sprecher. Falls Inhalte mit den Werten des Clubs kollidieren, suche dieser im Einzelfall das Gespräch. Als die Eintracht-Leihgabe Rodrigo Salazar zu seinem Geburtstag im August ein Selfie vor dem Konzentrationslager in Auschwitz machte und ins Netz stellte, griffen die Frankfurter ein. «Der Verein hat dem Spieler erklärt, was er da getan und welchen Ort er da besucht hat», hatte ein Eintracht-Sprecher kurz darauf erklärt.

Die TSG 1899 Hoffenheim mache die Spieler nach eigenen Angaben auf potenzielle Fallstricke aufmerksam: «Bei politischen, religiösen und persönlichen Themen können die Spieler aufgrund der breiten Öffentlichkeit schnell anecken. Deshalb gilt es, sie zu sensibilisieren», sagte Mediendirektor Christian Frommert.

Der Hamburger SV macht seit Jahren mit seinen Profis vor der Saison im Trainingslager eine Social-Media-Schulung und zeigt anhand von Beispielen, was geht und was nicht. Diese Schulungen finden bereits im Nachwuchsbereich des Zweitligisten statt.

Die Gesellschaft müsse eine andere Meinung aber auch akzeptieren, betonte Kommunikationsexperte Grimmer. «Wenn man erwartet, dass der Sport und Sportler Stellung beziehen, dann darf man nicht überrascht sein, wenn diese Stellungnahme auch mal anders ausfällt, als sich das hierzulande die Mehrheit der Menschen vorstellt.»

Gündogan und Can hatten bei Instagram ein Foto geliket, das türkische Fußballer zeigt, die nach dem Siegtor von Cenk Tosun beim 1:0 gegen Albanien mit der Hand an der Stirn salutieren. Die Türkei hatte zuvor eine Militäroffensive in Nordsyrien gestartet. Das Like nahmen beide Profis nach der Kritik daran zurück und betonten, aus Sympathie zu ihrem Freund Tosun und nicht politisch motiviert gehandelt zu haben.


(dpa)

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