Billig-Energie: Kommt nun die nächste Ölkrise?

Öl ist gegenwärtig so billig wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Der Preisverfall ist insbesondere auf das Fracking in den USA und die darauf folgende Reaktion von Saudi-Arabien zurückzuführen. Doch das Szenario ist bei näherem Hinsehen weniger positiv als auf den ersten Blick vermutet: Wenn Saudi-Arabien weiter Erfolg mit der Strategie hat, Fracking durch sinkende Rohölpreise unattraktiv zu machen, droht den USA eine erneute Wirtschaftskrise.

Die Schattenseiten des neuen Öl-Booms

Innerhalb von wenigen Jahren hat Fracking die USA zu einem der größten Ölproduzenten der Welt gemacht. Saudi-Arabien sieht aus diesem Grund seine Haupteinnahmequelle bedroht. Mit einer drastischen Ausdehnung der Fördermenge und erheblichen Preissenkungen, insbesondere für Lieferungen in die USA, bekämpft das arabische Land wirkungsvoll seinen neuen Hauptkonkurrenten. Mittlerweile hat der Ölpreis in den USA ein Niveau zwischen 60 und 80 Dollar je Barrel erreicht. Da jedoch mindestens 90 Dollar pro Barrel erforderlich sind, damit das Fracking sich rechnet, befinden sich zahlreiche amerikanische Ölförderunternehmen in ernsthaften Schwierigkeiten. Sie geben Fördervorhaben auf und haben Probleme, ihre Kredite an die Banken zurückzuzahlen. Sollte sich der Preisverfall längerfristig fortsetzen, droht ein Einbruch der Wall Street, weil viele große Investoren auf das Fracking gesetzt haben.

Ungewisse Perspektive

Experten sind sich uneins, wie die weitere Entwicklung verlaufen wird. Am 27. November findet die nächste Sitzung der OPEC statt, auf der die Mitgliedsländer ihre Fördermengen festlegen. Aller Voraussicht nach wird Saudi-Arabien an seiner Politik des billigen Öls festhalten. Andere Ölförderländer, insbesondere der Irak und Iran sowie Venezuela, haben bereits massive Probleme aufgrund des für sie zu niedrigen Ölpreises. Sie werden auf eine rasche Verknappung der Fördermengen drängen, um einen Wiederanstieg des Preises für Rohöl zu bewirken. Von der Frage, welche Partei sich durchsetzen kann, hängt viel ab für die US-amerikanische Wirtschaft. Nur bei einem moderaten Preisanstieg kann sich der konjunkturelle Aufschwung weiter fortsetzen.

Der amerikanische Öl-Boom vor seinem Ende?

Gegenwärtig wächst die US-amerikanische Volkswirtschaft um 3,5 Prozent, während China und Europa vor großen Konjunkturproblemen stehen. Sollte der Ölpreis jedoch weiter sinken, ist es mit dem Aufschwung in den USA höchstwahrscheinlich schnell wieder vorbei. Fracking lohnt sich dann nicht mehr und die hoch verschuldeten Ölfördergesellschaften dürften eine erneute Finanzkrise an der Wallstreet auslösen. Nur bei einem stabilen Anstieg des Preisniveaus können die USA wieder zum Motor der weltwirtschaftlichen Entwicklung werden.

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