Bierhoff: Neuausrichtung in DFB-Nachwuchsförderung

Frankfurt/Main – Aufgerüttelt durch die WM-Pleite in Russland hat Oliver Bierhoff einschneidende Änderungen in der Ausbildung und Förderung des Fußball-Nachwuchses angekündigt.

In einer Grundsatzrede stellte der DFB-Direktor seinen Plan für eine dauerhafte Rückkehr der Nationalmannschaft in die Weltspitze vor. «Der deutsche Fußball ist immer noch konkurrenzfähig, jedoch sind klare warnende Tendenzen nicht erst seit dem Ausscheiden in der Vorrunde bei der WM 2018 von uns erkannt worden», sagte der DFB-Direktor beim Bundestag des Verbandes in Frankfurt.

«Für die Ausbildung müssen wir alles tun. Das ist die Zukunft, auf die der deutsche Fußball in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zählen muss», sagte Bundestrainer Joachim Löw zur Bierhoff-Initiative.

Unter dem Titel «Projekt Zukunft – Für die Weltmeister von morgen», will Bierhoff die Grundlagen für einen Aufschwung legen. «Wir brauchen den nächsten großen beherzten Schritt im deutschen Fußball», sagte der 51-Jährige. Konkret müsse wie bei der Neuausrichtung im Jahr 2000, als die Nachwuchsleistungszentren bei den Bundesligisten verpflichtend eingeführt wurden, die Ausbildung der Spieler, der Trainer, aber auch das DFB-System grundsätzlich überprüft und fortentwickelt werden.

«Natürlich gibt es in jedem Land immer mal Höhen und Tiefen. Wir wollen dafür sorgen, dass Deutschland die nächsten 30, 40 Jahre in der Weltspitze bleibt. Wir als DFB haben die Aufgabe, alles für die Ausbildung zu tun, in die Vereine zu gehen, Ideen zu liefern und neue Impulse zu geben», sagte Löw zum Bau der neuen DFB-Akademie, wo der Bierhoff-Plan umgesetzt werden soll.

Als Problemfelder benannte Bierhoff unter anderem ein zu stark «mannschafts- und ergebnisorientiertes Spielen und Trainieren». Dadurch werde die individuelle Entwicklung von Spielern und Trainern behindert. Man benötige «mehr Spielenachmittage statt Regelbetrieb», meinte Bierhoff. Dafür seien Veränderungen der Spielformen nötig, zum Beispiel «2 gegen 2 im Bambinibereich oder 5 gegen 5 in E- und D-Jugend».

Talentierte Nachwuchsspieler müssten früher gezielter gefördert werden, gleichzeitig müssten sie mehr Eigenverantwortung haben. «Den Spielern werden zu viele Entscheidungen auf und neben dem Platz abgenommen und Hürden aus dem Weg geräumt. So lernen sie nicht, selbst Konflikte auszutragen und auf verschiedenen Ebenen durchsetzungsstark zu agieren», sagte Bierhoff.

Trainer müssten frei von Erfolgsdruck arbeiten können. «Sie werden im Nachwuchsbereich oft an Tabellenergebnissen und der Performance ihrer Mannschaft und weniger an der Entwicklung einzelner Spieler gemessen. Darüber hinaus haben wir in den vergangenen Jahren zu ähnliche Trainertypen ausgebildet. Auch hier wird uns mehr Vielfalt gut tun», gestand Bierhoff ein.

Schnelle Erfolge seines Projekts erwartet Bierhoff nicht. «Ihre volle Wirkung werden die Maßnahmen, die wir jetzt in die Wege leiten, erst in den nächsten fünf bis 15 Jahren entfalten. Wir brauchen also Geduld, Vertrauen und Entschlossenheit bei dieser großen Aufgabe. Wir müssen uns auch bewusst sein, lieb gewonnene Pfade verlassen zu müssen», sagte der Europameister von 1996.


(dpa)

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