Als Autofahren noch Arbeit war

Stuttgart – Wird der menschliche Fahrer am Steuer bald überflüssig? Kürzlich verzichtete eine Google-Schwesterfirma in den USA bei Tests erstmals auf einen Sicherheitsfahrer, der hinterm Steuer in Notsituationen übernehmen kann.

Damit hat zumindest eine Entwicklung begonnen, den Menschen auch von den letzten Lasten der Fahrarbeit zu entbinden. Und ein Blick zurück zeigt, wie umständlich und schweißtreibend die früher war.

– Lenken:

Vor der Erfindung der Servolenkung ließen sich die Räder eines schweren Autos fast gar nicht einschlagen. Je breiter die Reifen waren, desto schwerer wurde dies. Allein deswegen bläute mancher Fahrlehrer seinen Fahrschülern ein, das Auto beim Rangieren stets langsam im Rollen zu halten. Die Servolenkung behob das Problem.

Sie unterstützt den Fahrer entweder hydraulisch durch Öldruck, der mittels einer Pumpe erzeugt wird, oder elektromechanisch. Erstes Serienmodell mit entsprechender Technologie, Hydraguide genannt, war 1951 der Chrysler Imperial. Heute ist selbst im Billigauto Dacia Sandero eine Servolenkung serienmäßig.

– Bremsen:

Erhöhten Kraftaufwand erforderte auch das Verzögern. Denn bevor Bremskraftverstärker (BKV) aufkamen, musste man ordentlich «in die Eisen gehen», um zu bremsen oder anzuhalten. Eine erste Servobremse, technologischer Vorläufer, baute Bosch 1928 in den Mercedes 8/38 ein. Mit dem ersten Bremskraftverstärker im heutigen Sinne fuhr der Mercedes 300 SL Coupé von 1954.

Noch in den Achtzigern wurden Autos ohne BKV verkauft – etwa mancher VW Golf. Da hat man in den Entwicklungsabteilungen längst an einer weiteren Verfeinerung der Bremsen gearbeitet. Zunächst 1966 im britischen Sportwagen debütiert, war die später vom Zulieferer Bosch als Anti-Blockier-System (ABS) patentierte Technik 1978 erstmals in der S-Klasse von Mercedes als Extra bestellbar – nach Angaben von Mercedes-Benz Classic für einen Aufpreis von rund 2218 D-Mark.

ABS verhinderte bei starken Bremsmanövern ein dauerhaftes Blockieren der Räder durch feine Dosierung des Bremsdrucks und erhielt damit die Lenkfähigkeit eines Fahrzeugs auch bei Vollbremsungen.

– Winken statt blinken:

Als der Verkehr zu Beginn des 20. Jahrhunderts dichter wurde, streckten die Autopioniere den Arm aus dem Fenster, um ihre Abbiege-Absicht zu verkünden. In den 1920er-Jahren kam der Winker auf, der die Sache schon bequemer machte. Diese mechanische Vorrichtung seitlich am Auto klappte per Seilzug aus und kündigte das Abbiegen an. 1928 kam ein elektromagnetisch funktionierender, beleuchteter Winker auf den Markt. Der wurde wie der heutige Blinker bereits vom Fahrersitz aus per Schalter bedient. Noch bis 1961 gewährte das deutsche Verkehrsrecht den Gebrauch der Winker.

– Wischen statt wischen lassen:

Auch das Reinigen der Windschutzscheibe war zur Jahrhundertwende noch reine Handarbeit, zu der man anhalten und aussteigen musste. Einfacher machten es rein mechanische Wisch-Vorrichtungen, die man immerhin per Hebel von innen bedienen konnte. Einen solchen Schwingarm hat Prinz Heinrich von Preußen erfunden, der Bruder von Kaiser Wilhelm II. Er taufte ihn Abstreiflineal und erhielt 1908 ein Patent. In den USA wurde eine ähnliche Lösung etwas früher patentiert. 1926 stellte Bosch die erste elektrische Scheibenwaschanlage vor, die per Knopfdruck gehorchte. Heute macht das Scheibenwischen gar keine Arbeit mehr – sofern genügend Wischwasser im Tank und ein Regensensor an Bord ist.

– Zwischengas geben:

Seitdem das Schaltgetriebe Synchronisationsringe hat, ist alles gut. Doch vorher war viel Feingefühl im Fuß beim Umgang mit Gas und Kupplung gefragt. Denn beim unsynchronisierten Getriebe, das noch in vielen Oldtimern für die Gangwechsel sorgt, musste dessen Drehzahl der des Motors beim Schalten angepasst werden. Und das war koordinierte Fußarbeit, sonst knirschte es im Getriebe.

Während Cadillac bereits 1928 ein erstes synchronisiertes Getriebe vorstellte, war das Getriebe im VW Käfer bis in die 1960er-Jahre serienmäßig nicht voll synchronisiert. Das war laut Sprecher Landenberger erst ab Oktober 1964 der Fall. Das Zwischengas im Alltag ist heute längst ausgestorben. Immer mehr elektronische Helferlein nehmen den Menschen am Steuer meist völlig unbemerkt eine Menge Arbeit ab.


(dpa/tmn)

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